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 Heidelberg
03.03.2010

Als die Synagogen brannten

Die "Reichskristallnacht" 1938 in Heidelberg

Der 9. November 1938 in Heidelberg war ein ruhiger Tag. Doch zwei Tage zuvor hatte der Jude Herschel Grünspan den Diplomaten Ernst vom Rather erschossen. Stunden später brannten die deutschen Synagogen - auch die in Heidelberg.

Erschien erstmals am 8. November 2005 in der ruprecht-Ausgabe 98

Der 9. November 1938 war in Heidelberg ein völlig ruhiger Tag. Zwei Tage zuvor war in Paris der deutsche Diplomat Ernst vom Rath durch den Juden Herschel Grünspan niedergeschossen worden. Ein willkommener Anlass für Reichspropagandaminister Goebbels am 9. November, als Rath seinen Verletzungen erlag, zu einem „Ausbruch der Volkswut“ aufzurufen. Die Gestapo übermittelte den Aufruf via Fernschreiben sogleich an alle „Stapo-Stellen“. In ganz Deutschland brannten kurz darauf die Synagogen.

In Heidelberg ging der Befehl erst kurz vor Mitternacht ein. Mit rund 40 Parteimitgliedern zog der Heidelberger NSDAP-Kreisleiter daraufhin los, um jüdische Geschäfte und Wohnungen zu zerstören und vor allem, um die zwei Synagogen in der Altstadt und in Rohrbach niederzubrennen.

Zwischen 2 und 3 Uhr am Morgen des 10. November brachen etwa 20 Männer in die Synagoge an der Großen Mantelgasse ein. Mit Benzin und Holzwolle legten sie Feuer im Innenraum. Das erst 1912 erbaute Gotteshaus brannte bis zum späten Vormittag bis auf die Grundmauern nieder.

Die Feuerwehr wurde angewiesen, nur die angrenzenden Gebäude vor den Flammen zu schützen. Unter Androhung von Waffengewalt wurden sie davon abgehalten, die Synagoge zu löschen.

Massenverhaftungen und Deportation nach der Brandnacht

Bei der Rohrbacher Synagoge in der Rathausstraße war die SA weniger „erfolgreich“. Das Gebäude brannte nur innen aus. Hier ließen sich die Feuerwehr und einige Anwohner nicht davon abbringen, den Brand zu bekämpfen. Dabei war es nicht Nächstenliebe, welche die Heidelberger antrieb.

Durch die enge Bebauung bestand die Gefahr eines Großfeuers, besonders in der Altstadt, als der Dachstuhl der Synagoge lichterloh brannte. Als die Synagogen brannten, begann die SA, jüdische Wohnungen und Geschäfte zu zerstören und zu plündern. Die Anwohner schauten dabei zu.

Später am Tag waren ganze Straßenzüge der Altstadt und der Weststadt verwüstet. 150 Heidelberger Juden wurden verhaftet und später ins KZ Dachau deportiert.

Heidelberger Studenten begrüßten das Pogrom

Die Beteiligung am Pogrom zog sich durch alle Bevölkerungsschichten. Eine besonders aktive Rolle spielten Heidelberger Studenten. Die nationalsozialistische Gesinnung an der Uni war bereits in der Weimarer Republik bekannt.

Im Zuge der Bücherverbrennung 1933 rief der AStA der nationalsozialistischen Studentenschaft dazu auf, „alle marxistisch-jüdische und internationalistische Literatur“ zur Vernichtung zur Verfügung zu stellen. Dem Aufruf wurde begeistert Folge geleistet. Auch im November 1938 wurden die im Pogrom beschlagnahmten Thora-Rollen „feierlich“ auf dem Uniplatz verbrannt. Ein Medizin-Professor soll erklärt haben, das Pogrom sei „seines Lebens schönster Tag“ gewesen.

Heute erinnern nur noch Gedenksteine an die Standorte der Heidelberger Synagogen.

von Christina Brüning
   

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