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10.05.2011

Der Brenner-Einsatz ist weiter umstritten

Innenminister Rech gibt Stellungnahme ab – Studierende bereiten Klage vor

Der Einsatz des verdeckten Ermittlers Simon Brenner ist weiter umstritten. Ex-Innenminister Heribert Rech (CDU) beharrt darauf, dass der Einsatz nötig und rechtens war. Die Grünen werten ihn als rein politisch motiviert. Sieben Betroffene wollen nun klagen.

Der Einsatz des Verdeckten Ermittlers Simon Brenner an der Uni Heidelberg war möglicherweise Teil eines „landesweiten politischen Projekts zur Ausspähung der studentischen, vermeintlich linksextremistischen Szene in Baden-Württemberg“. Das sagte Hans-Ulrich Sckerl, Innenpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, dem ruprecht. „Wir haben erhebliche Zweifel, dass der Einsatz Folge tatsächlicher objektiver Ermittlungsergebnisse der Polizei war“, so Sckerl. „Ich habe Hinweise, dass es eine Verabredung der Innenminister der CDU-regierten Länder gab, einen Schwerpunkt ‚Linksextremismus’ in der polizeilichen Observation zu bilden.“

Innenminister bezieht Stellung

Der ehemalige Innenminister Heribert Rech (CDU) hatte im Januar und Februar vor dem Landtag insgesamt vier Stellungnahmen zu dem Fall Brenner abgegeben, und damit auf Anträge der Fraktionen der Grünen und der SPD reagiert. Ziel des Einsatzes sollen demnach konkrete Personen aus der antifaschistischen Szene gewesen sein.

Die Polizei habe Anhaltspunkte dafür gehabt, dass eine oder mehrere dieser Personen in Zukunft Straftaten begehen würden. Anlass der Aktion sei eine Hausdurchsuchung Ende 2009 bei einem Mitglied der antifaschistischen Szene gewesen, bei der die Polizei Heidelberg eine Reihe von Brandsätzen gefunden habe.

Weitere Ermittlungen hätten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei künftigen Auseinandersetzungen mit der rechtsextremistischen Szene derartige Brandsätze eingesetzt werden könnten. Die Polizeidirektion Heidelberg habe den Einsatz des Verdeckten Ermittlers angeordnet, um „derartige Straftaten“ zu verhindern. Dies sei wegen der „szenetypischen Abschottung“ die einzige Erfolg versprechende Möglichkeit und deshalb gerechtfertigt gewesen.

Zentrale Fragen bleiben offen

Das Ministerium ließ damit zum einen offen, welche Anhaltspunkte eine konkrete Gefahr derartiger Straftaten geraden bei den Zielpersonen des Einsatzes nahegelegt haben sollen. Michael Dandl von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) sagte, dass Simon Brenner ihn und andere Mitglieder der AIHD bei dem Konfrontationsgespräch im vergangenen Dezember im „Orange“ als eine dieser Zielpersonen benannt habe. Die von der Hausdurchsuchung 2009 Betroffenen hätten sie aber nur flüchtig gekannt.

Diese sei überdies etwa 50 Kilometer außerhalb Heidelbergs und anlässlich eines Betäubungsmittel-Verdachts durchgeführt worden, zu dem er in keinem Zusammenhang gestanden habe. Zum anderen ist unklar, welche Verbindung die Mitglieder der AIHD zu den studentischen Gruppen gehabt haben sollen, in denen sich Brenner während seines Einsatzes tatsächlich aufgehalten hatte.

Brenner ist in einer Reihe von Gruppen aktiv gewesen, hauptsächlich in der Kritischen Initiative (KI) und dem Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband (SDS). In der AIHD sei Brenner dagegen eigenen Angaben zufolge nie aufgetreten. Michael Dandl bestätigte das.

Eigenen Angaben zufolgen sollen die Mitglieder des SDS und der KI die der AIHD letztes Jahr noch allenfalls flüchtig gekannt haben. Getroffen hätten sie sich erst, nachdem die wahre Identität Brenners ans Licht gekommen war, um den Fall zu besprechen. „Der Rahmen des angeblichen Auftrags, präventiv gegen angebliche Straftaten zu ermitteln, wurde weit überschritten“, meint deshalb der Grünen-Abgeordnete Sckerl. „Der verdeckte Ermittler hat umfassend das Studentische Milieu ausgespäht. Das ist völlig unakzeptabel.“ Für die kommende Legislaturperiode kündigte er an, die Einsätze der letzten Jahre aufzuklären und ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

Betroffene bereiten Klage vor

Insgesamt sieben Betroffene des Einsatzes bereiten unterdessen eigenen Aussagen zufolge eine Klage gegen das Land vor. Sie möchten gerichtlich feststellen lassen, dass der Einsatz rechtswidrig war. Außerdem hoffen sie, dass der Einsatz auf diesem Wege umfassend aufgeklärt wird. „Wir wissen nicht, welche Informationen Brenner über uns gesammelt und weitergegeben hat, und was davon immer noch gespeichert ist. Solche Unterlagen sind geheim, sodass wir nicht unmittelbar Auskunft darüber verlangen können“, erklärt ein KI-Mitglied.

Weitere verdeckte Ermittler vermutet

Der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) zufolge sollen sich derzeit außerdem noch zwei weitere verdeckte Ermittler in Heidelberg im Einsatz befinden. Anfang Februar hatte sie das LKA und die Polizeidirektion Heidelberg in einer Pressemitteilung dazu aufgefordert, die Einsätze abzubrechen, um die Beamten „nicht unnötig zu gefährden“. Woher die AIHD diese Informationen hat, erklärte sie nicht. Hans-Ulrich Sckerl von den Grünen geht davon aus, „dass es die weiteren Verdeckten Ermittler mindestens in der Planung gegeben hat“.

Aktuell habe er aber Hinweise darauf, dass sämtliche Einsatzpläne für Verdeckte Ermittler abgebrochen worden seien. Das Innenministerium wollte sich zum Einsatz weiterer Verdeckter Ermittler generell keine Angaben machen.

von Max Mayer
   

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