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 StudiLeben
12.11.2012

Schweineteuer

Heidelberg ist zu klein fĂŒr seine Studenten

Die Wohnsituation in Heidelberg ist fĂŒr Studenten unverĂ€ndert schlecht. / Foto: Vanessa Romanowski

Die Stadt platzt aus allen NĂ€hten: Fast alle Wohnheime sind belegt, fĂŒr eine private Wohnung brauchen Studenten viel Geld und Geduld. Oft können sie nur pendeln oder im besten Fall bei Freunden ĂŒbernachten. 

Da freut sich der frischgebackene Abiturient, dass er in Heidelberg studieren darf. Und dann sieht er die Mietpreise. Diese sind womöglich ein Grund dafĂŒr, dass mehr als die HĂ€lfte aller Studenten gar nicht mehr in Heidelberg wohnt, sondern zu den 70.000 Pendlern gehört.

Christoph Nestor vom Mieterverein erzĂ€hlt: „Wenn MĂŒnchen in der Champions League des Wohnungsmarkts spielt, dann ist Heidelberg in der Bundesliga. Wir stehen auf Platz FĂŒnf der teuersten deutschen StĂ€dte. Das heißt, wir haben einen schweineteuren Wohnungsmarkt!“

Teuer ist der Wohnraum, weil er begehrt ist. Und da er begehrt ist, können das Leute ausnutzen, die eine Wohnung zu vergeben haben: „Es ist unglaublich dreist, was die Leute hier einem als Zimmer anbieten“, schimpft Anne-Julie. „Einmal zeigte mir ein Ă€lterer Herr ein Sofa als Bett, eine KĂŒcheninsel mit versifftem Geschirr und ein Badezimmer, das aussah wie eine Baustelle. Und die Möbel sollte ich natĂŒrlich ĂŒbernehmen.“

Die Pharmazie-Studentin wusste vor einem Monat noch nicht, in welche Stadt sie ziehen wĂŒrde. Daran trage aber nicht die UniversitĂ€t schuld. „Unsere StudienplĂ€tze werden nicht durch Heidelberg, sondern zentral durch Hochschulstart zugewiesen. So können wir gar nicht frĂŒhzeitig nach Wohnungen suchen.“ Erst am 24. September erhielt sie die Zusage fĂŒr Heidelberg. Seitdem musste sie von Kaiserslautern vier Stunden am Tag pendeln. „Einen Platz im Wohnheim konnte ich mir als Akademikerkind gleich abschminken.“

Bafög-EmpfÀnger und gesundheitlich Benachteiligte haben hier Vorrang. Und trotzdem kann das Studentenwerk den Bedarf nicht decken: Rund 5000 WohnheimplÀtze gehören dem Studentenwerk, ungefÀhr genau so viele Anfragen kamen zum neuen Semester an. Zu bewÀltigen wÀre das Problem vielleicht, wenn nur Erstsemester einen Platz bekÀmen.

Wohnungsnot trotz Leerstand

In den Heidelberger Wohnheimen des Studentenwerks waren zum neuen Semester nur 2000 PlÀtze frei, die nun schon wieder belegt sind. Das neue Wohnheim in Mannheim bietet Medizinstudenten noch PlÀtze an, die zwischen 320 und 360 Euro kosten.

Dennoch versucht das Studentenwerk den Wohnungslosen anderweitig zu helfen. Eine dieser Hilfestellungen sind die Notquartiere im Neuenheimer Feld. FĂŒr wenig Geld ĂŒbernachten dort Studenten gemeinsam mit vier bis fĂŒnf Leuten in einem Zimmer. Zum Duschen mĂŒssen sie ins Sportzentrum. Bis voraussichtlich Ende des Jahres sollen die Notquartiere noch bereit stehen.

Eine weitere UnterstĂŒtzung vom Studentenwerk ist das Schwarze Brett in den Mensen. Anne-Julie hĂ€lt dies fĂŒr hilfreicher als die Wohnungssuche im Internet: „Meist sind die Anzeigen im Internet veraltet. Sobald eine Wohnung am schwarzen Brett vergeben wird, hĂ€ngt sie jemand ab.“ Doch sei hier Vorsicht geboten: „Das Studentenwerk sollte aufpassen, welche Leute diese Wohnungen anbieten. In einer Anzeige stand, ein Student suche einen Mitbewohner“, erzĂ€hlt Anne-Julies Kommilitonin Nora, „als ich dort ankam, fand ich heraus, dass derjenige kein Student ist, sondern ein Mann Mitte 40, der sofort meine Kontaktdaten wollte.“ Im Gegensatz zu Anne-Julie ist sie immer noch auf der Suche nach einer Wohnung. Derweil schlĂ€ft Nora bei ihrer Tante in der NĂ€he von Frankfurt.

Erasmus-Studenten haben es noch schwerer: Die Italienerin Noemi weiß seit Februar, dass sie nach Heidelberg gehen wird. Bereits in Italien hatte sie angefangen zu suchen: „Aber die Leute wollen die Person sehen, an die sie das Zimmer vermieten.“ Seit Ende September ĂŒbernachtete sie in der FĂŒnfer-WG einer Freundin. Nun hat sie durch eine Bekannte eine Wohnung gefunden. Rund 100 Leuten hat sie vorher E-Mails geschrieben. Meist sagten ihr diese schon am Telefon ab, nur drei Wohnungen konnte sie sich ansehen. Das Studentenwerk erteilte ihr ebenfalls eine Absage.

Da drĂ€ngt sich die Frage auf, ob sich das Studentenwerk nicht ausreichend auf den doppelten Abitur-Jahrgang vorbereitet habe. Laut FAQ-Bogen wurde bereits ein Teil der Wohnheime im Neuenheimer Feld gebaut, in dem 265 Studenten Platz finden sollen. Weiter heißt es: „Des Weiteren bemĂŒht sich das Studentenwerk weiterhin um die Anmietung von ehemaligen Wohnungen der amerikanischen MilitĂ€rfamilien, um sie in studentischen Wohnraum umzuwandeln.“

Eingeplant und nun doch noch nicht realisierbar: das Mark-Twain-Village

Die 300 PlĂ€tze im Mark-Twain-Village stehen immer noch frei. Was ist da schief gelaufen? Cornelia GrĂ€f vom Studentenwerk dazu in einer E-Mail: „Wir hatten diese PlĂ€tze fest eingeplant. Leider stellte sich heraus, dass die derzeitigen Bewohner nicht ausziehen konnten bzw. die RĂŒckgabe der Immobilie an die Bundesanstalt fĂŒr Immobilien (Bima) noch nicht vollzogen werden konnte. Dies war so nicht vorauszusehen, weswegen wir unsere Prognose als realistisch ansahen.“

Diana Scharl von der Stadt Heidelberg weiß mehr: „Die Amerikaner haben angekĂŒndigt, Ende 2013 auszuziehen. Bis jetzt wurden die US-GebĂ€ude noch nicht militĂ€risch ĂŒbergeben.“ Östlich der Römerstraße werden die ersten FlĂ€chen frei. Diese sollen im Laufe des Novembers zwar ĂŒbergeben werden, aber nicht an die Stadt, sondern an die Bima. Diese wiederum will die FlĂ€chen verĂ€ußern - gerne an die Stadt.

Bevor dies geschieht, wolle die Stadt erst ein Gesamtkonzept entwickeln, um einzelne freistehende FlÀchen zu vermeiden. Das Studentenwerk will nun im nÀchsten Jahr Wohnheime in den ehemaligen US-GebÀuden einrichten. AbhÀngig sei dies von der Einwilligung der Stadt.

Christoph Nestor sieht in den US-GebĂ€uden eine von drei Möglichkeiten, um die Wohnungsnot von Studenten zu mildern: Eine weitere wĂ€re die Bahnstadt. „Ein Großteil der Studenten wird sich diese Wohnungen jedoch nicht leisten können“, sagt Nestor. Auch 179 Wohnungen im Emmertsgrund und auf dem Boxberg stehen frei, die der Gesellschaft fĂŒr Grund- und Hausbesitz (GGH) gehören. Ein Angebot fĂŒr diese Wohnungen ging Scharl zufolge beim Studentenwerk ein. Es lehnte ab. „Wir haben der GGH jedoch angeboten, bei Bedarf die dortigen Wohnungen als Angebote in der Privatzimmerbörse aufzunehmen“, sagt GrĂ€f.

Das Studentenwerk rechnet damit, dass die Nachfrage Ă€hnlich hoch bleiben wird. Nestors EinschĂ€tzung zum privaten Wohnungsmarkt: „In den nĂ€chsten Jahren wird das immer so weitergehen.“

von Corinna Lenz
   

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