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 Heidelberg
17.06.2013

Nette Toilette

Hässlichste Orte Heidelbergs, Teil 7: Unterführung Altstadtbahnhof

Schnell vom Fahrrad abgesprungen und den Knopf des Aufzugs gedrückt. Es ist 16:59 Uhr, in einer Minute kommt die Bahn nach Osterburken. Mach schon, Aufzug! Endlich öffnen sich die Türen: "Bahnsteig" ertönt es aus den Lautsprechern des Aufzugs.

16:59 Uhr und 20 Sekunden. Alles geschieht im Zeitlupentempo. Auch wenn ich fünf Mal auf den Knopf mit dem Pfeil nach unten drücke, der Fahrstuhl lässt sich nicht hetzen. Unten angekommen öffnen sich die Türen des Fahrstuhls nur langsam, ich helfe etwas nach. Die Unterführung des Altstadtbahnhofs. Ich sprinte aus dem Fahrstuhl und da erfasst es mich.

Ein Gemisch aus Moorleiche und kühlem Stein, mit einem Hauch von Urin. Mir wird schlecht. Patsch patsch macht es, wenn meine Stiefel den Boden berühren. Ist das Wasser oder...? Der Uringeruch wird stärker.

16:59 und 40 Sekunden. Das flackernde Licht des Aufzugs am anderen Ende der Unterführung gruselt mich ein wenig. Ich strecke die Hand aus, um den Knopf mit dem Pfeil nach oben zu drücken, halte aber kurz inne. In der Ecke neben dem Knopf entdecke ich Salzablagerungen an Wand und Boden und ich meine, die Quelle des Uringeruchs gefunden zu haben. Die Toilette der Obdachlosen. Ich wünsche mir augenblicklich Gasmaske und Dampfstrahler.

Mit meinem Ellenbogen versuche ich umständlich den Knopf des Aufzugs zu betätigen. Während der Fahrstuhl im Zeitlupentempo herunterfährt, höre ich wie die S-Bahn einfährt. Die Türen gehen auf und ich muss die Luft anhalten.
Nachts fahren keine S-Bahnen, hier ist es geschützt, der perfekte Ort zum schlafen, das Klo gleich nebendran. Im Fahrstuhl kämpfe ich gegen meinen Atemreflex an und versuche, den undefinierbaren Schleim an Wand und Fußboden zu ignorieren.

Punkt 17:00 Uhr. Froh, wieder frische Luft atmen zu können, stolpere ich aus dem Aufzug heraus und drücke verzweifelt auf einem Türknopf der S-Bahn herum. Nichts passiert. Die S-Bahn zieht an und lässt mich einfach so stehen.

Ich setze mich auf eine Bank, hole mein Handy raus und wähle 06221 5829999, die Hotline "Saubere Stadt". "Gemeinsam für ein sauberes Heidelberg", so steht es auf der Homepage der Stadt Heidelberg. Eine freundliche Stimme meldet sich mit den Worten: "Amt für Abfallwirtschaft und Stadtrei…" Ich lasse sie gar nicht erst ausreden und beschwere mich: "Wegen Ihnen habe ich meinen Zug verpasst!"

von Sandra Hadenfeldt
   

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