Dies ist ein Archiv der ruprecht-Webseiten, wie sie bis zum 12.10.2013 bestanden. Die aktuelle Seite findet sich auf https://www.ruprecht.de

ruprecht-Logo Banner
ruprecht/Schlagloch-doppelkeks-Jubiläum
Am 13.10. feiern wir 25 Jahre ruprecht/Schlagloch und 10 Jahre doppelkeks [...mehr]
ruprecht auf Facebook
Der aktuelle ruprecht
ruprecht vor 10 Jahren
Andere Studizeitungen
ruprechts Liste von Studierendenzeitungen im deutschsprachigen Raum
ruprecht-RSS
ruprecht-Nachrichten per RSS-Feed
 Interview
14.11.2006

Auf in die Gegenwartskunst

Johan Holten ist neuer Direktor des Heidelberger Kunstvereins

Die Körperhaltung verrät ihn: Johan Holten (30) tanzte an der königlichen Ballettschule in Dänemark und im Hamburger Ballett. Mit 22 tauschte er die Bühne gegen den Hörsaal und studierte Kunstgeschichte und Kulturwissenschaft. Seit dem 1. August 2006 ist er der neue Direktor des Heidelberger Kunstvereins.


Das Gespräch führten Johanna Pleban und Ariane Quade


ruprecht: Herr Holten, Sie sind nur wenige Jahre älter als wir und haben bereits viele beeindruckende Erfolge vorzuweisen. Wie haben Sie es geschafft, eine solche Glanzbiographie hinzulegen?

Johan Holten: Eine Glanzbiographie kann man es ja nicht nennen, weil es in meinem Leben viele Umbrüche gab. Ich habe aber alles, was ich anpackte, mit sehr viel Energie und Enthusiasmus betrieben. Wohl deshalb kann ich andere Menschen von meinen Ideen und Projekten überzeugen.

Was hat Sie dazu bewogen, sich um die Leitung des Heidelberger Kunstvereins zu bewerben?

Schon während meines Studiums verwirklichte ich viele eigene Projekte, für deren Finanzierung und Verwirklichung ich verantwortlich war. Nach dem Abschluss war mir dann aber klar, dass es sehr schwierig ist, nur von freien Projekten zu leben. Der nächste Schritt war dann sich an Institutionen zu wenden und in diesem Rahmen meine Arbeit fortzusetzen.

Was machen Sie konkret anders als Ihr Vorgänger?

Es wäre eher erstaunlich, wenn ich als junger Mensch nicht etwas Neues ausprobieren würde. Ich möchte das Ganze etwas aufrütteln und erneuern. So haben wir in diesem Herbst auch programmatisch eine kräftige Belebung. In der Ausstellung "Politische Wahrheiten" zum Beispiel ging es nicht nur um ästhetischen, sondern auch um gesellschaftlichen und politischen Anspruch.

Suchen Sie Ihre Künstler immer nach diesen Kriterien aus?

In den nächsten zwölf Monaten will ich die Begriffe "Wahrheit" und "Authentizität" behandeln. Das Politische ist dabei nur ein Aspekt. Im November präsentieren wir auch bildtheoretische Ausstellungen, bei denen der direkte gesellschaftliche Auftrag im Hintergrund steht. Aber auch die Hinterfragung einer visuellen Wahrheit kann eine politische oder gesellschaftliche Angelegenheit sein. Wir als Betrachter müssen dann unsere Wahrnehmungsstrukturen hinterfragen.

Neben Peter Spuhler und Cornelius Meister stellen Sie ein weiteres junges Gesicht in Heidelberg dar. Was bedeutet dieser Generationenwechsel für die Kunstszene in der Region?

Noch wichtiger als dass wir jung sind ist die Tatsache, dass man sich in Heidelberg bewusst entschieden hat, Leute von außen einzustellen, die neue Energie und Netzwerke mitbringen. Diese Öffnung nach außen ist mir hier im Südwesten generell aufgefallen. Die Kunstvereine in Frankfurt und Freiburg haben ebenfalls internationale Leitungen. Das wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen.

Heidelberg ist eine der großen Studentenstädte in Deutschland. Ist das für Sie ein Vorteil?

Wir müssen von den Studenten erst einmal wahrgenommen werden, und das ist nicht unbedingt leicht. Gespräche mit anderen Leitern von Heidelberger Kulturinstitutionen haben gezeigt, dass es eine große Kluft zwischen Studenten und alteingesessenen Kultureinrichtungen gibt. Das liegt vielleicht auch am Stadtmarketing, das Studenten nicht genug berücksichtigt. Das Beste wäre aber, es spräche sich einfach herum: Man muss nicht nach Frankfurt fahren, um internationale Gegenwartskunst zu sehen. Die gibt es auch hier bei uns in der Hauptstraße.

Weshalb sollte man Ihre Ausstellungen besuchen?

Weil Gegenwartskunst einem die Möglichkeit gibt, selbst nachzudenken und sich mit Themen auseinanderzusetzen, für die einem ansonsten vielleicht die Zeit oder der Rahmen fehlen. Und es ist doch nett, hier am Freitagabend zwischen sechs und acht einfach mal reinzuschlendern. Danach bleibt immer noch Zeit für's Kino.



Ausstellungen: Andreas Siekmann, „Faustpfand, Treuhand und die Unsichtbare Hand“, 21. Oktober bis 26. November 2006. Dionisio Ganzales, Fotos von der Architektur der Favelas in Rio, 18. November 2006 bis 21. Januar 2007. Simon Starling, „Unlogische“ Konstellationen zwischen Objekt und Geschichte, 25. November 2006 bis 21. Januar 2007.

von Johanna Pleban, Ariane Quade
   

Archiv Interview 2024 | 2023 | 2022 | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004