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30.01.2007

Kein Grund zur Beurlaubung

Prüfungen rechtfertigen kein Urlaubssemester mehr

Das Studentensekretariat ist dieser Tage überfordert: Erst können die Gebührenbescheide zwei Monate lang nicht verschickt werden, weil die ganze Zeit die Kuvertierungsmaschine kaputt ist. Kaum sind die gelben Briefe eingetütet und verschickt, erfolgt ein Ansturm auf die Sachbearbeiter.

Studenten, die kurz vor der Prüfung stehen, wollen sich beurlauben lassen, um die 500 Euro nicht zahlen zu müssen. Die Prüfungsphase war bis vor Kurzem nämlich ein legitimer Beurlaubungsgrund. Seit dem 15. Januar ist dieser Grund jedoch schlichtweg abgeschafft.

Es scheint auf der Hand zu liegen: Die Uni „korrigiert“ deshalb die Beurlaubungsanträge, weil sie einen allzu großen Gebührenausfall verhindern will. Beim Dezernat für Studium und Lehre wurde deshalb nicht lange gefackelt. In Absprache mit anderen Universitäten traf man dort die Entscheidung, das Landeshochschulgebührengesetz (LHG) wenn möglich überall ähnlich zu interpretieren. Dr. Andreas Barz, Leiter des oben genannten Abteilung, fand dabei heraus: Die Prüfungsphase ist an anderen Unis schon lange kein triftiger Grund mehr für eine Beurlaubung und damit Gebührenbefreiung.

Es handelt sich hier vielmehr um ein Relikt. Als das LHG 1998 den Langzeitstudenten erfand, der bereits seit dem 511 Euro (damals 1000 DM) pro Semester zu löhnen hat, kam ihm die Uni entgegen, indem sie Beurlaubung während der Prüfungsphase gestattete. Laut Rechtsexperten Stefan Treiber eine Regelung, die auch die Verwaltung entlastete.

Es musste nämlich nicht umständlich geprüft werden, ob ein Student in finanzieller Not ist oder nicht. Auch ob er nun zu den Langzeitstudenten zählt oder nicht, wurde nicht in Betracht gezogen. Prinzipiell können die neuen Studiengebühren aber von der Landesbank getragen werden.

Die Bank vergibt jedoch kein Darlehen an über 40-jährige und Ausländer aus Nicht-EU-Ländern. Das bekümmert Barz wenig. Es gebe ja noch den Härtefallantrag der Uni, der greift, falls man sich „in unmittelbarer Nähe zur Abschlussprüfung in einer wirtschaftlichen Notlage“ befindet.

Diesem Antrag liegt eine Prüfung der finanziellen Mittel zugrunde, etwas, was man ja gerade vermeiden wollte. Außerdem kann er nur am Ende des Studiums geltend gemacht werden. „Studenten aus Entwicklungsländern trifft es hart“, so die schlichte Meinung Barz‘ zum Vorgehen der L-Bank. Er gibt außerdem zu bedenken, dass ein beurlaubter Student auf dem Unigelände nicht mehr versichert ist.

Was, wenn er zum Beispiel ein Labor in die Luft sprengt oder vom oberen Stockwerk der Universitätsbibliothek fällt? Schon diese Überlegung habe Barz und die Leiterin des Studentensekretariats Birgit Kramer dazu bewogen, die alte Regelung über den Haufen zu werfen.

Materielle Beweggründe seien dabei nicht ausschlaggebend gewesen. Dies kann allerdings bezweifelt werden, denn laut Treiber gibt es immer wieder Dozenten, die den Wegfall der Einnahmen beklagen, der die Institute um so härter trifft, je mehr Studenten sich beurlauben lassen.

Andere Institute wiederum befürchten die Exmatrikulation derjenigen Studenten, die von den Gebühren allzu hart getroffen werden und bitten um Großzügigkeit bei der Gebührenbefreiung. Offensichtlich kommt der Beschluss, den Barz und Kramer trafen, eher dem ersten Institutstyp entgegen. Konkrete Namen wollen daher weder Barz noch Treiber nennen.

„Ist mir schon klar, dass das bei den Studenten nicht gut ankommt“, gibt Barz zu. Insa Friedrich vom Telefonportal der Uni rät den Betroffenen, ihrem Unmut bei der offiziellen Diskussionsveranstaltung in der Neuen Uni am 1. Februar 2007 Luft zu machen.

Das Rektorat wusste zum Zeitpunkt der Befragung von der ganzen Sache noch nichts. „Das höre ich heute zum ersten Mal“, so der Uni-Pressesprecher Michael Schwarz eine Woche nach dem Beschluss des Dezernats für Studium und Lehre. Ob das Dezernat in dieser Angelegenheit überhaupt alleine entscheiden durfte, wird vermutlich in der nächsten Senatssitzung am 30. Januar ein Thema sein. Senatsmitglied Friedemann Vogel kündigte gegenüber dem ruprecht an, das Vorgehen anzuzweifeln und vor dem Senat Beschwerde einzulegen. Auch in der Studiengebührenkommission wird man darüber beraten, ob der Schritt rechtens war.

Womöglich ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

von Cosima Stawenow
   

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