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 Feuilleton
15.05.2007

Nah-Sehen statt Fernsehen

Zimmertheater-Intendantin Ute Richter im Gespräch

Seit 1967 ist Ute Richter am Zimmertheater tätig, seit 1985 als Intendantin. Längst hat sie aufgehört, ihre Inszenierungen zu zählen. Es dürften um die 100 sein.

Seit 1967 ist Ute Richter am Zimmertheater tätig, seit 1985 als Intendantin. Längst hat sie aufgehört, ihre Inszenierungen zu zählen. Es dürften um die 100 sein.

Was ist das Besondere am Zimmertheater?
Die Unmittelbarkeit des Zuschauers zum Schauspieler in dem nur 93 Plätze fassenden „Theaterchen“ schafft eine intime Atmosphäre. Das Publikum kann mit den Akteuren mitatmen. Es kam schon vor, dass Besucher in das Bühnengeschehen eingreifen wollten, entweder um eine „Gewalttat“ zu verhindern oder aus Höflichkeit, etwa, um einer Bühnenfigur in den Mantel zu helfen. Im Zimmertheater sein, bedeutet Nah-Sehen – im Gegensatz zu Fernsehen!

Was ist Ihnen am Theater wichtig?
Theater soll in der Lage sein, aktuelle und überzeitliche, individuelle und gesellschaftliche Fragen und Konflikte zu veranschaulichen. Es soll zum Nachdenken anregen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Stücke aus?
Zunächst darf die Anzahl der Mitwirkenden nicht zu groß sein. Dann bevorzuge ich Stücke mit zeitbezogenen, aktuellen Themen. Ich lese bis zu 30 Manuskripte, bevor ich mich für das gerade geeignete entscheide.
Es muss immer auch unterhaltend und spannend sein. Das schlimmste im Theater ist Langeweile.

Sie sind Psychologin. Welchen Einfluss hat das auf Ihre Arbeit?
Jeden und keinen. Psychologie stört nicht. Im Gegenteil, sie lässt Hinter-, Ab- und Untergründe rascher verstehen, ausloten und erklären. Trotzdem sind die Zuschauer manchmal irritiert bis verstört über schwierige Themen.
 Aber sie diskutieren zumindest nach dem Theaterbesuch. Wir kannten ein Brautpaar, das sich über die Interpretation eines Stückes so zerstritt, dass es sich trennte. Wir haben ihnen sozusagen die Scheidungskosten erspart.

Welche Rolle spielt die Kulisse?
Sie muss entsprechend und ansprechend sein. Dem Stück angepasst und trotzdem für das Publikum attraktiv und abwechslungsreich.
Unsere Besucher warten oft gespannt auf die Verwandlung des Bühnenraums. Da jedes Detail sichtbar ist, strebt unser Bühnenbauer, Oliver Schmidt, immer die perfekte Ausführung an.

Sie haben kein festes Ensemble.
Nein, das wäre unbezahlbar. Wir schließen nur Stückverträge ab. Die Zahl an guten, freien Schauspielern, die das Ensemble-Leben ablehnen, ist relativ groß. Eine Schwierigkeit ist allerdings die lange Laufzeit unserer Aufführungen. Die aus ganz Deutschland kommenden Kollegen müssen bis zu fünf Monate in Heidelberg wohnen.

Sind Sie zufrieden mit der Aufmerksamkeit, die das Zimmertheater bekommt?
Da wir schon seit Jahren im Durchschnitt zu 95 Prozent ausgebucht sind, muss die Antwort doch „ja“ heißen. Die Aufmerksamkeit der Medien zu erlangen, ist sehr schwierig. Dazu ist unsere Selbstdarstellung vielleicht etwas defizitär. Wir klagen und klappern zu wenig.

Vor wenigen Jahren war das Zimmertheater noch in einer existenziellen Krise. Ist die ausgestanden?
Ja! Zu unserem großen Glück! Unser Mietvertrag ist zunächst bis 2013 verlängert worden.
Das andere Problem sind immer die Finanzen. Unser Gesamtetat beträgt etwa 600.000 Euro und über 50 Prozent davon müssen wir selber einspielen. Das hat natürlich Auswirkungen auf den Spielplan – wir müssen so gut wie immer ausverkauft sein! Auch danach muss ich die Stücke auswählen.

Gibt es Ermäßigungen?

Die Eintrittspreise liegen zwischen 10 und 18 Euro. Studenten erhalten 2 Euro Ermäßigung, an Dienstagen 2,50 Euro.

Welches Stück gibt es als nächstes zu sehen?
„Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza. Sie wurde weltberühmt mit dem Stück „Kunst“. Die Premiere ist voraussichtlich am 5. Juli.

von Sebastian Bühner
   

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