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 Heidelberg
01.07.2008

Denker mit zwei Namen

Heidelberger Portrait: Peter Bieri

Peter Bieri ist Pascal Mercier. Der 64-Jährige Schweizer hat soeben die „Heidelberger Poetik Dozentur“ inne gehabt. Unter seinem Pseudonym Mercier veröffentlicht er Bestseller: „Nachtzug nach Lissabon“ führte vor zwei Jahren die Spiegel-Bestsellerliste an.

Peter Bieri ist Pascal Mercier. Unter dem ersten Namen hat der 64-Jährige soeben die „Heidelberger Poetik Dozentur“ inne gehabt, unter Letzterem veröffentlicht der gebürtige Schweizer seit Jahren Bestseller. Begonnen hat seine Laufbahn als Schriftsteller im Jahr 1995 mit dem Roman „Perlmanns Schweigen“, sein drittes Buch „Nachtzug nach Lissabon“ führte vor zwei Jahren die Spiegel-Bestsellerliste an.

Bieri hat in Heidelberg Philosophie, Anglistik und Indologie studiert. Hier promovierte er 1971 und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Philosophischen Seminar. In der Zwischenzeit jedoch hat es ihn aus der kurpfälzischen Provinz in die große weite Welt gezogen. In Berkley und Harvard widmete er sich den Studien zur sprachanalytischen Philosophie. In Hamburg, Bielefeld, Marburg und schließlich in Berlin war er Professor für Philosophie. Im letzten Jahr verabschiedete er sich vom wissenschaftlichen Betrieb.

Warum schreibt aber ein analytisch denkender Hochschullehrer plötzlich Romane, und dann auch noch unter falschem Namen? „Ich schreibe eigentlich nicht der Anerkennung wegen, sondern nur um die Probleme des Lebens zu benennen und um diese damit zu bewältigen“, so Bieri. Die Antwort auf die Frage nach dem Pseudonym dürfte wohl auch in dieser Antwort liegen, schließlich stand er schon vor seiner Schriftsteller-Karriere in der akademischen Öffentlichkeit.

„Der Mensch kann nur erkennen und erhobenen Hauptes hindurch gehen“

Trotz allen Erfolges sind Bieris Werke keine leichte Unterhaltungsliteratur. Zu genau weiĂź der Philosoph, wo die AbgrĂĽnde menschlicher LebensentwĂĽrfe verborgen liegen und deshalb fĂĽhrt er seine Figuren auch immer direkt dahin: in die Verwirrung, Verzweiflung, den Wahnsinn.

Die Lösung der Lebenskrisen verweigert der Autor dem Leser, denn schließlich gebe es keine. „Solche Phasen im Leben können nicht aufgelöst werden, der Mensch kann nur erkennen und erhobenen Hauptes hindurch gehen“. Klingt düster und wenig unterhaltsam? Mag sein, und dennoch scheint Bieri damit den Nerv des Publikums getroffen zu haben – die Verkaufszahlen geben ihm recht.

Bei aller Dunkelheit und Ausweglosigkeit der Handlung spürt der Leser, dass hier elementare Probleme der menschlichen Existenz dargestellt werden. Dabei lässt der Autor seine philosophischen Standpunkte in das literarische Geschehen einfließen. Der gelehrte Schriftsteller präsentiert seinem intellektuellen Publikum wohl gerade deshalb kein Happy End, sondern lässt es die Handlung selbst zu Ende denken.

von Phillip Rudolf
   

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