04.03.2008
It ain’t me babe!
Bob Dylan-Abend im Stadttheater
Das Heidelberger Stadttheater versucht sich in "The Times are a-Changin" an der Inszenierung des Lebens von Bob Dylan. Heraus kam ein groĂźartiges Rockmusical mit toller Livemusik, eine Reise ins Leben eines rebellischen Superstars.
Das Heidelberger Stadttheater versucht sich in "The Times are a-Changin" an der Inszenierung des Lebens von Bob Dylan. Heraus kam ein groĂźartiges Rockmusical mit toller Livemusik, eine Reise ins Leben eines rebellischen Superstars.
Bob Dylan ist en vogue – mal wieder – und mal wieder anders. Kaum ein Künstler des letzten Jahrhunderts hat so viele Krisen durchlebt und so viele Wandlungen erfahren wie Dylan. Auch gibt es über kaum einen Künstler so viele Geschichten, die alle selbstredend die reine Wahrheit über ihren Protagonisten erzählen und sich dabei gegenseitig widersprechen. Wer ist Dylan? Der einzige Musiker, der bis heute für den Literatur-Nobel-Preis vorgeschlagen wurde, als Sänger eingeladen auf die größte Demonstration gegen Rassentrennung, welche die USA je erlebt haben. Komponist von „Blowin in the Wind“, „Knocking on Heaven’s Door” und “Mr. Tambourine Man”. – Fakten! Aber nur Eckpunkte eines innerlich mäandernden Wesens. Wie Dylan greifen: der eigentlich Robert Zimmerman hieß?
Das Stadttheater versuchte es am vergangenen Samstag mit seinem „Bob Dylan Abend“. Unter der Regie von Heiner Kondschak begab sich das Ensemble des Stadttheaters „auf die Suche nach dem Geheimnis dieses leuchtenden Außenseiters“. Wer allerdings ein normales Theaterstück erwartete wurde herrlich enttäuscht. Des Abends Titel „The Times They Are A-Changin“ kündete ja bereits von einer anderen Inszenierung. Ein mit Anspielung gespicktes Rock-Musical hatte aber doch wohl keiner der Zuschauer erwartet. Ein Lob geht von hier zunächst an Ilona Lenk, deren Bühnenbild kongenial die ausgelassene Aufführung ergänzte. Etwa mit den, aus dem Bühnenhimmel herab gleitenden, Lampen begeisterte Lenk – diese passten immer perfekt in die gerade dargestellte Epoche.
Die Reise durch diese Epochen beginnt in den Sechziger Jahren. Der Ausnahmesänger mit den wilden Locken (gespielt und gesungen von Florian Hertweck) kommt auf die Bühne und sagt: „Ich heiße Bob Dylan. Ich bin gerade aus dem Westen gekommen. Ich würde gerne ein paar Songs spielen.“ Und dann geht es los, eine Reise durch die letzten 50 Jahre der Welt und des sich selbst immer neu erfindenden Robert Zimmerman. Er spielt Folk und Country, gewinnt damit in den Sechzigern die Herzen der amerikanischen Landbevölkerung. Nur um dann einen kraftvollen Befreiungsschlag zu wagen und plötzlich mit der E-Gitarre auf der Bühne zu stehen. Wieder auf den Beinen, bricht er sie sich direkt wieder bei einem Motorradunfall und geht acht Jahre lang nicht auf Tour. Doch er komponiert und veröffentlicht weiter, bis er mit der „Rolling Thunder Revue“ 1975/76 wieder das Land unsicher macht. Die Tour war kostümiert als fahrender Zirkus, zahlreiche Musiker traten auf ihr mit Dylan auf – oft nur kurzfristig angekündigt.
1978 spielt er auf einer erfolgreichen Welttournee in Nürnberg vor 75000 Menschen und wendet sich in der gleichen Zeit dem Christentum zu. Er predigt von der Bühne und bringt christlich motivierte Alben heraus. Zehn Jahre später wirkt Dylan bei den, von George Harrisons initiierten, „Travelling Wilburys“ mit und startet die „Never Ending Tour“ mit 100 Gigs pro Jahr.
Die Neunziger standen für Dylan unter dem Zeichen der Auszeichnungen: 1991 ein Grammy für sein Lebenswerk, 2001 der Golden Globe und ein Oscar für den besten Filmsong („Things have Changed“ in „Die WonderBoys“). Schließlich folgt der inoffizielle Nobelpreis für Musik, der „Polar Music Prize“. In den letzten Jahren schließlich schrieb er das Drehbuch für den Film „Masked and Anonymus“ und spielt gleichzeitig die Hauptrolle. Er widmete sich in einer eigenen Radioshow Themen der amerikanischen Musikgeschichte und hatte 2006 seine erste Kunstausstellung in Chemnitz; Zeichnungen und Aquarelle. Pünktlich zum Erscheinen des Films „I’m not there“ über Bob Dylan, lud das Heidelberger Theater am 1. März zur Uraufführung von „The Times are changing“.
Das Stück läuft noch am 24. und 10. März: Unbedingt reingehen!
von Paul Heesch