04.11.2008
Die Stadt der Blinden
3 von 4 Rupis - fesselnder Thriller
Regisseur Fernando Meirelles wagte es, den lange als unverfilmbar geltenden Roman des Nobelpreisträgers Saramago auf die Leinwand zu bringen. Das Ergebnis ist ein beeindruckender und fesselnder Thriller mit großartigen Schauspielern.
Selten hat ein so unglamouröses Werk die Filmfestspiele in Cannes eröffnet wie in diesem Jahr. Der brasilianische Regisseur Fernando Meirelles (City Of God, Der ewige Gärtner) wagte es, den lange als unverfilmbar geltenden Roman des Nobelpreisträgers Saramago auf die Leinwand zu bringen. Das Ergebnis ist ein beeindruckender und fesselnder Thriller mit großartigen Schauspielern über eine Stadt blinder Menschen, denen es dennoch gelingt zu sehen.
Die hektischen Fahrer auf der Kreuzung reagieren verärgert, als der Mann an der Ampel (Yusuke Iseya) seinen Wagen nicht mehr startet. Doch dieser sieht plötzlich nur noch weißen Nebel. Als der Helfer (Don McKellar) ihn nach Hause bringt, ahnt er noch nicht, dass auch er bald erblinden wird.
Die mysteriöse Krankheit breitet sich schnell über die ganze Stadt aus. In einer von Materialismus und Egoismus geprägten Welt ist aber kein Platz für die Blinden und so werden sie in eine ehemalige Heilanstalt gesperrt. Die Frau des Doktors (Julianne Moore) muss als letzte Sehende stark sein, um ihrem Mann und den anderen das Überleben zu ermöglichen.
Unter menschenunwürdigen Bedingungen werden Stärken und Schwächen der einzelnen deutlich, besonders als sich ein Mann (Garcia Bernal) zum Herrscher ernennt und der letzte Rest Zivilisation zugrunde geht. Zwischen Resignation und Hoffnung, Eifersucht und Zuneigung lernt man, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist. Meirelles arbeitet mit vielen Unschärfen und Verfremdungen und zeigt so, dass auch sehende Menschen manchmal blind sind.
von Julia Raeke