27.04.2009
Gedränge in der Krehl
Die Sozialwissenschaften klagen über wenig Platz
Studenten der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sind unzufrieden nach dem Umzug ihrer Fakultät in die Krehl-Klinik: die wenigen Seminarräume sind zu klein, es fehlt an Möglichkeiten zur fexiblen Raumkoordination.
Mehr als 3000 VWL-, Soziologie und Politikwissenschaftsstudenten studieren seit Semesterbeginn in der ehemaligen Ludolf-Krehl-Klinik unter einem Dach. Doch nach dem Umzug herrscht Platzmangel: In der ersten Sitzung des Oberseminars Nahost am Institut für Politische Wissenschaft (IPW) fanden sich rund 100 Studenten ein. Laut Dekan Professor Manfred G. Schmidt fasst der Seminarraum aber nur maximal 65 Personen, der Rest musste auf dem Flur stehen. Die Suche von Seminarleiter Rolf Steltemeier nach einem größeren unbelegten Seminarraum blieb erfolglos. Somit war die Analyse des Nahostkonflikts für 35 Studenten beendet, bevor sie überhaupt beginnen konnte.
Dabei sollte der „Campus Bergheim“, wie die Krehl-Klinik nun heißt, dem IPW mehr Platz bieten. „Wir haben hier etwa ein Drittel mehr Platz für Lehrveranstaltungen als in der Altstadt“, erklärt IPW-Leiter Professor Aurel Croissant. Für die meisten Veranstaltung trifft das seiner Ansicht nach auch zu: Nur fünf Seminare von 71 Veranstaltungen klagen ihm zufolge über Platzmangel. „Das sind weniger als zehn Prozent“, beruhigt Croissant. Auch das überfüllte Nahost-Seminar sei nur ein vorübergehendes „singuläres Phänomen“. Mittelfristig werde sich die Situation normalisieren, da mit dem Auslauf des Magisterstudiengangs auch die Anzahl der Studierenden zurückgehe.
Für die Fachschaft Politik ist das Lehrangebot der vergangenen Jahre mitverantwortlich an der aktuellen Situation: „Das Thema Nahost ist bisher nie behandelt worden, so dass nun großer Nachholbedarf besteht“, sagt IPW-Fachschaftsmitglied Alexey Yusopov. Zudem vermissen die Fachschaften einen „Raumpool“ aller drei Fächer. Bisher plant jedes Institut mit seinen zugewiesenen Räumen, was eine flexible Raumkoordination verhindere.
Dekan Schmidt räumt derweil ein, von dem Andrang auf das Oberseminar „überrollt“ worden zu sein: „Bei der Ausarbeitung des Lehrangebots haben wir das in diesem Ausmaß nicht erwartet.“ Allerdings sei bereits vor dem Umzug klar gewesen, dass man vorerst noch „Räume außerhalb“ der Krehl-Klinik nutzen müsse. Erst wenn der „Bauabschnitt 2“ der Krehl-Klinik 2011 bezugsfertig sei, werde sich die Lage vollkommen normalisieren.
Auch die Soziologie klagt über Platzmangel. Laut Fachschaft empfahlen die Dozenten überfüllter Seminare den Studenten, in weniger besuchte Kurse zu wechseln. Im Alfred-Weber-Institut (AWI) für Wirtschaftswissenschaften ist die Lage nicht ganz so dramatisch. Die Räume sind zwar „eng bemessen“, aber es gab noch „keine größeren Probleme“, so Sebastian Zilch von der Fachschaft des AWI. Die Übungsräume sind groß genug für die Studentenanzahl , auch wenn nicht jeder an den Tischen sitzen kann.
Die Studentenvertretungen der drei Institute räumen allerdings ein, dass sich einiges verbessert hat: Die Krehl-Klinik sei offener, freundlicher und biete insgesamt gesehen mehr Platz. Vor allem treffen sich die Studenten der drei Institute nun eher als in der Altstadt. „Das Studiengefühl ist angenehmer als vorher“, meint Alexey Yusopov.
Dekan Schmidt ist vor allem mit dem gemeinsamen Medienzentrum zufrieden: „Das außerordentliche Medienangebot ist für Lehrende, Forschende und Studierende das Attraktivste, was sich in Heidelberg befindet.“ Trotzdem gibt es Yusopov zufolge noch einiges zu verbessern, wie zum Beispiel die Ausleihregelung der Bibliothek und die Öffnungszeiten des Cafés.
von Ronja Ritthaler