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Wissenschaft
03.05.2010
Schwerionen-Bombardement Die neuen strahlenden Wunderwaffen zur präzisen Krebsbekämpfung Die Universität Heidelberg lässt sich Krebsforschung eine Menge kosten. Der Schwerionenstrahler und die Strahlen-Gantry der Heidelberger-Ionen-Therapie gehören mit 120 Millionen Euro zu den teureren Anschaffungen. Die Universität Heidelberg lässt sich Krebsforschung eine Menge kosten. Der Schwerionenstrahler und die Strahlen-Gantry der Heidelberger-Ionen-Therapie gehören mit 120 Millionen Euro sicherlich zu den teureren Anschaffungen. Das HIT liegt abseits vom geschäftigen Treiben der Kopfklinik, entzieht sich den Blicken der Öffentlichkeit. In dem unscheinbaren, flachen Gebäude verbirgt sich auf einer Fläche von einem halben Fußballfeld ein System aus Teilchenbeschleunigern, einem 600 Tonnen schweren Drehmodul und vier Bestrahlungsräumen – das meiste davon im Untergrund. Wozu all dieser Aufwand? Bei der klassischen Krebsbestrahlung werden Röntgenstrahlen eingesetzt, also sehr energiereiches Licht, um im Inneren der Tumorzellen irreparable Schäden anzurichten. Das Problem: Licht, egal welcher Wellenlänge, neigt zur Streuung und richtet auf seinem Weg durch den Körper Kollateralschäden an. Aus diesem Grund setzen Mediziner bei der Röntgentherapie nur selten die Strahlungsstärke ein, die ausreichend wäre, um den Tumor effizient auszuschalten. Bei Ionen besteht dieses Problem nicht. Sie werden im Gegensatz zu Licht im Gewebe verlangsamt, doch ihre zerstörerische Wirkung entfalten sie erst, wenn sie ein kritisches Tempo unterschreiten. Vergleichbar einer mikroskopischen Bombe, die erst am gewünschten Zielort zündet, ihren geballten Schaden jedoch auf einen kleinen Ort beschränkt. Um die Ionentherapie zu einem effizienten Werkzeug zu machen, muss der Zündungszeitpunkt kontrolliert werden und der ist abhängig von der Geschwindigkeit der Teilchen. Bei einer Beschleunigung von 75 Prozent der Lichtgeschwindigkeit entlädt ein Kohlenstoff-Ion seine Energie bei einer Tiefe von etwa 30 Zentimeter im Körper des Patienten. Der Teilchenbeschleuniger, ein mit starken Elektromagneten ausgekleidetes Tunnelsystem, ist nötig um Ionen auf dieses Tempo zu bringen. Anschließend fokussieren die Magneten den Strahl auf die Dicke eines Bleistifts. Für die erfolgreiche Therapie müssen die Ärzte den Tumor dreidimensional erfassen. Dazu halten sie seine Gestalt über eine Röntgenaufnahme fest und unterteilen ihn virtuell in ein Millimeter dicke Schnittebenen, ähnlich der Aufnahme bei einem Kernspintomographen. Schließlich wird der Bleistiftstrahl benutzt, um jede Ebene Pixel für Pixel zu bombardieren. In zwei Bestrahlungsräumen werden bereits Patienten behandelt, bei denen eine Röntgentherapie mit zu hohen Nebenwirkungen verbunden wäre. Schätzungsweise 15 Prozent aller Krebserkrankungen in Deutschland fallen in diese Kategorie. Ein dritter Raum birgt ein Kuriosum, das es bisher nur in Heidelberg gibt: Die Strahlen-Gantry. Dabei handelt es sich um ein rotierbares Stahlskelett, das eigentlich für die Bewegungssteuerung von Radioteleskopen benutzt wird. Bei den anderen Bestrahlungsräumen sind die Öffnungen für den Ionenstrahl fixiert. Zwar kann das Bett für den Patienten in alle drei Raumrichtungen bewegt werden, aber es gibt eine Einschränkung: Der Patient muss gerade auf dem Bett liegen, darf also entlang seiner Körperachse nicht gekippt werden. Bei besonders problematisch gelegenen Tumoren, beispielsweise an der Bauchspeicheldrüse, kann deswegen kein günstiger Einstrahlwinkel eingestellt werden. Mit der Gantry wird dieses Problem umgangen. Der Patient befindet sich in einem Raum, dessen Wand sich frei um ihn drehen kann. Mit der Wand dreht sich auch die Ionenstrahlöffnung und die damit gekoppelte Sektion des Teilchenbeschleunigers. Zusammen mit dem Stahlskelett, das die gesamte Konstruktion Millimeter genau bewegt, ergibt das eine Masse von 600 Tonnen. Bisherige Behandlungen mit Schwerionen zeigen vielversprechende Resultate. Forscher der GSI (Helmholtz-Gesellschaft für Schwerionenforschung ) haben das Konzept bereits an Siemens Health Care verkauft, die weitere Therapiezentren in München, Kiel und Marburg errichtet. Schätzungsweise zehn Millionen Einwohner soll eine solche Einrichtung abdecken. Zur Zeit kostet die Schwerionentherapie dreimal so viel wie die Röntgenbehandlung, was teils mit dem Energiebedarf des HIT und der Stromrechnung in Millionenhöhe zusammenhängen könnte. Der Verbrauch entspricht dem von 10.000 Haushalten. Ein Aspekt der Forschungsarbeit im HIT ist es aber auch, die Kosten der Behandlung in Zukunft zu senken, damit die Schwerionentherapie noch flächendeckender eingesetzt werden kann. Aktuell lässt sich die Röntgentherapie wegen der Kosten aber noch nicht verdrängen. |