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Heidelberg
31.01.2012
Kineskop macht Film Cineasten geben Kurse für Schüler und Studenten Kineskop ist eine freie Filmschule, die Allgemeinbildung am Beispiel des Filmes vermitteln möchte. Die Mitglieder sehen sie allerdings nicht als klassische Schule, sondern als eine Art dauerhaftes Symposium. Ein etwas anderer "Schulbesuch" im Karlstorbahnhof. „Wir wissen nicht mehr, was wir machen sollen!“ Luisa Jabs und Josefine Becker lugen zur Tür des Karlstorkinos herein. Norbert Ahlers wirft seine Jacke über und geht mit ihnen in den Keller. Hier sitzen die beiden Zehntklässlerinnen zurzeit jeden Samstag und schneiden einen Film. Doch das Material ist auch nach Monaten noch viel zu umfangreich, außerdem fehlen passende Sounds. Norbert Ahlers (48) und Maya Dietrich (29), die führenden Köpfe der Kineskop-Filmschule, sprechen mit viel Enthusiasmus und Sendungsbewusstsein über den Filmunterricht, den sie an diversen Heidelberger Schulen und an der Uni geben. Die souveräne Germanistik-Studentin Dietrich bereut manchmal, dass sie nicht an einer Filmhochschule studiert. Aber seit sie bei Kineskop mitarbeitet, denkt sie nicht mehr daran, ihr Fach zu wechseln. Vor allem der Filmunterricht und die Drehs mit den Schülern sind für sie mehr als eine Entschädigung, wie sie erzählt. Schließlich kehrt auch Ahlers aus den Kellerräumen zurück und berichtet aus den Pioniertagen seiner Arbeit in Heidelberg. Vom Fachgebiet her Theologe, reizte ihn nach seinem Studium die freie Radioszene dann doch mehr. In den neunziger Jahren gründete er einen Sender in der Nähe von Basel und sammelte Erfahrungen in der Medienpädagogik. 1998 bekam er beim Karlstorbahnhof eine Stelle als „Referent der Aktiven Medienarbeit“. Anfangs wurden die Schüler noch über die Jugendzentren angesprochen. Außerdem kamen Studenten in das Medienforum im Karlstorbahnhof um hier zu lernen, wie man Filme dreht. „Die Zeiten sind vorbei“, sagt Norbert Ahlers. „Jeder macht eigene Filme zu Hause, die passenden Programme gibt es im Internet.“ Immer mehr sei außerdem vom „Freizeitstress“ die Rede, also von einem Überangebot an Aktivitäten, die die Schüler irgendwie in ihrem Stundenplan unterkriegen müssen. Hinzu kommt, dass mit den neuen Bachelor- und Masterstudiengängen der Stundenplan der Studenten bis zum Rand mit Pflichtunterricht vollgestopft ist. Immer seltener kommen sie in ihrer Freizeit auf die Idee, Filme zu drehen. Damit die Medienarbeit am Karlstorbahnhof überleben konnte, beschloss Ahlers, sie in den Unterricht zu integrieren. Zu diesem Zweck gründete er 2007 die Kineskop-Filmschule und lehrt seither an Heidelberger Schulen und Fakultäten. Die Schüler freuen sich über Filmdrehs im Deutschunterricht und die Studenten über Credits, die sie im Filmseminar ergattern können. Seit 2011 arbeitet die Filmschule mit immer mehr Fakultäten zusammen, zum Beispiel mit der Hochschule für Jüdische Studien, mit der Germanistik und im kommenden Semester auch mit dem Cluster „Asia and Europe in a global context“. Ausschlaggebend dafür war die simple Erkenntnis, dass es in Heidelberg keine Fächer wie Medien-, Film- oder Kommunikationswissenschaften gibt. Davon, einen eigenen Studiengang oder gar eine eigene Hochschule zu gründen, ist die Kineskop-Filmschule jedoch weit entfernt. Ahlers gibt sich jedenfalls sehr bescheiden: „Wir weisen eher auf eine Lücke hin, als dass wir sie ausfüllen“. In einem von Ahlers Filmseminaren wurde Maya Dietrich erstmals auf Kineskop aufmerksam. Sie und ein paar ihrer Kommilitonen waren sofort so begeistert, dass sie 2009 das Stummfilmsymposium ins Leben riefen. Das Symposium ist seither ein Tummelplatz für Cineasten unterschiedlicher Fakultäten, die einen praktischen wie theoretischen Zugang zum Film suchen. Die Livemusik kommt von studentischen Bands, die über das Musikwissenschaftliche Seminar kontaktiert werden, die Vorträge halten Studenten und Dozenten zum Beispiel der Geschichts-, Politik- und Literaturwissenschaften. Dieses Jahr wartet das Symposium mit hierzulande seltenen Perlen des dänischen Stummfilms auf. Mehr über Kineskop auf www.kineskop.de |