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 Hochschule
15.05.2012

Befristet muss nicht sein

Dozent erklagt Recht auf Festanstellung am Romanischen Seminar

José Esplá-Oliver hat eine halbe Stelle als Akademischer Mitarbeiter am Romanischen Seminar. Auf dem ersten Blick scheint daran nichts Besonderes. Doch seine Stelle als Akademischer Mitarbeiter ist ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das er einklagte.

JosĂ© Esplás Situation gehört an der Universität Heidelberg zur Seltenheit. Befristete Stellen fĂĽr wissenschaftliche Mitarbeiter sind stattdessen an der Tagesordnung. Nach einem Evaluationsbericht ĂĽber das Wissenschaftszeitvertrags­gesetz (WissZeitVG), das das Bundesministeriums fĂĽr Bildung und Forschung (BMBF) 2011 veröffentlicht hat, liegt der Anteil der befristeten Arbeitsverträge an deutschen Hochschulen im Jahr 2009 bei 83 Prozent. Eine steigende Tendenz, denn der Anteil befristeter Arbeitsverträge pendelte im Zeitraum der 80er Jahre bis 2005 noch zwischen 74 und 76 Prozent. Weiterhin ist zu beachten, dass die Zahlen nicht nur die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universitäten, sondern auch der Fachhochschulen mit einbeziehen. WĂĽrde man die Universitäten alleine betrachten, „so läge der Anteil der befristeten Stellen noch höher“ heiĂźt es in einer Stellungnahme der Gewerkschaft fĂĽr Erziehung und Wissenschaft (GEW). 

„Ich fand es nicht fair, dass die Professoren die einzigen an der Universität sein sollen, die in der Lage sind ihr Leben zu planen.“, nannte José Esplá als Grund, weshalb er sich zur Klage entschloss. Sein Prozess lief teils über das Arbeitsgericht Mannheim und teils über das Arbeitsgericht Heidelberg. Allerdings war es ihm möglich, seine Klage schon in dieser ersten Instanz durchzusetzen.

Vor seiner Klage hatte er seit fĂĽnf Jahren am Institut gearbeitet und hat sich von einem Arbeitsvertrag mit geringer Laufzeit zum nächsten gehangelt – ein fĂĽr den akademischen Mittelbau ĂĽblicher Karriereweg an der Hochschule. 
Nach der derzeitigen Regelung im WissZeitVG muss man vom Institut nach seinem wissenschaftlichen Abschluss, sprich beim Eintritt in den akademischen Mittelbau, zwölf Jahre lang befristet beschäftigt werden. In der Medizin sogar 15 Jahre – und das ohne die Nennung von Sachgründen. Ferner können beliebig viele befristete Stellen begründet werden, so lange sie aus Drittmitteln finanziert werden. Außerdem stellt das WissZeitVG klar, dass auch unbefristete Stellen jederzeit zulässig sind. Die Regelung gilt seit April 2007, doch eine für den akademischen Mittelbau substantielle Erleichterung scheint sie bisher nicht bewirkt zu haben.

„Viele Verträge der wissenschaftlichen Mitarbeiter hier im Romanischen Seminar laufen fĂĽr weniger als ein Jahr“, meint Esplás. „Es gibt sogar Verträge fĂĽr wissenschaftliche Mitarbeiter mit einer Laufzeit von einem Monat. Viele dieser Leute bleiben ein, zwei Jahre am Institut, danach sind sie wieder weg.“ 

Die Daten im Evaluationsbericht des BMBF scheinen JosĂ© Esplás Einschätzung zu unterstĂĽtzen. Die Vertragslaufzeiten von Arbeitsverträgen unter einem Jahr machen an deutschen Hochschulen 53 Prozent aus. Arbeitsverträge zwischen ein bis zwei Jahre liegen bei 36 Prozent und nur elf Prozent der Verträge haben eine Laufzeit von länger als zwei Jahren. „Die Verwaltung will halt Geld sparen“, ist Herr Esplás Antwort auf diese Praxis. Ob dies fĂĽr den Wissenschaftsbetrieb sinnvoll ist, zweifelt er aber an. Auch die GEW kommentiert kritisch die Häufigkeit der Arbeitsverträge mit kurzen Laufzeiten: „Wie viele Forschungsprojekte gibt es, die in weniger als einem Jahr abgeschlossen werden können?“ Aber auch fĂĽr die Qualität der Lehre ist es fraglich, wissenschaftliche Mitarbeiter nach ein bis zwei Jahren gehen zu lassen, nachdem sie sich in ihre Rolle als Dozenten gerade erst eingearbeitet haben.  

Auf die Frage hin, ob Herr Esplá von anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern weiĂź, die sich eine unbefristete Stelle eingeklagt haben, antwortet dieser: „Ich weiĂź von Fällen, die in den 90er Jahren passiert sind. Allerdings hatten die Mitarbeiter damals die Professoren auf ihrer Seite. Das ist bei mir nicht der Fall gewesen.“ 

Professor Doktor Edgar Radtke, Geschäftsführer des Romanischen Seminars, hat dazu leider nichts zu sagen. „Juristisch darf ich mich nicht über einzelne Personen äußern“, so seine Antwort auf eine Anfrage zu Herrn Esplás unbefristetem Arbeitsverhältnis.

von Xiaolei Mu
   

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