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 Hochschule
14.11.2012

Eine unendliche Geschichte

Literatur fĂŒr die Lehre darf weiterhin digital verbreitet werden – vorerst

Ohne die Einigung wĂ€ren kĂŒnftig sicher einige vom Kopieren sehr mĂŒde. Foto: Philipp Fischer

Ohne die Einigung wĂ€ren kĂŒnftig sicher einige vom Kopieren sehr mĂŒde. Foto: Philipp Fischer

Die Bundestagsfraktionen von Union und FDP haben sich gerade noch rechtzeitig auf einen Gesetzesentwurf zur VerlĂ€ngerung von Paragraph 52a des Urheberrechtsgesetzes geeinigt. Ein Auslaufen hĂ€tte negative Folgen fĂŒr Studenten und Dozenten mit sich gebracht. 

Es ist mittlerweile eine SelbstverstĂ€ndlichkeit fĂŒr Studenten geworden, AufsĂ€tze zur Vorbereitung von Seminaren herunterzuladen und gegebenenfalls auch zu lesen. Dass Ersteres beileibe nicht unumstritten in Deutschland ist, zeigt die Debatte um den Paragraph 52a des Urheberrechtsgesetzes.

Dieser erlaubt es, Schulen und Hochschulen urheberrechtlich geschĂŒtzte „kleine Teile eines Werkes, Werke geringen Umfangs sowie einzelne BeitrĂ€ge aus Zeitungen oder Zeitschriften“, fĂŒr einen bestimmten „abgegrenzten Kreis von Personen“ zugĂ€nglich zu machen. Im Klartext: Dozenten können ihren Studenten mit Hilfe dieses Paragraphen AufsĂ€tze oder kleine Teile eines Buches passwortgeschĂŒtzt im Internet zur VerfĂŒgung stellen.

Der Paragraph wurde 2003 in das Urheberrecht eingefĂŒgt. Sinn und Zweck der EinfĂŒhrung war es, die digitalen Medien auch fĂŒr die Hochschule nutzbar zu machen. Besonders wissenschaftliche Verlage fĂŒrchteten dadurch BeeintrĂ€chtigungen und konnten eine Befristung, zunĂ€chst bis zum 31. Dezember 2006, durchsetzen. Nachdem er 2006 und 2008 jeweils verlĂ€ngert wurde, stand dann Paragraph 52a im Laufe dieses Jahres wieder auf der politischen Tagesordnung. Doch statt einer erneuten VerlĂ€ngerung oder sogar einer Entfristung, war bis vor kurzem sogar ein Auslaufen des Paragraphen möglich.

Grund hierfĂŒr war einerseits ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, welches der FernuniversitĂ€t Hagen untersagte ein FĂŒnftel eines Psychologie-Buches im Internet verfĂŒgbar zu machen (siehe Infokasten). Anderseits war auch die FDP einem Auslaufen des Paragraphen nicht abgeneigt. Sie unterstĂŒtzt weitestgehend die Position des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Dieser fordert schon lange eine Abschaffung des Paragraphen 52a. In einer Pressemitteilung heißt es, dass Paragraph 52a „ein schĂ€dliches Mittel“ sei „um den Einsatz neuester Techniken in Lehre und Forschung zu ermöglichen“. Stattdessen fordert der Börsenverein „umfassende Lizenzlösungen“ fĂŒr elektronische Semesterapparate.

Doch all die Lobbyarbeit hat vorerst nichts genĂŒtzt. In der vergangenen Woche einigten sich die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP auf eine VerlĂ€ngerung bis zum 31. Dezember 2014. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, GĂŒnter Krings, betont auf Anfrage des ruprecht, dass man zwei ausstehende Urteile zum Urheberrecht abwarten mĂŒsse, ehe man den Paragraphen entfristen könne. Deutlicher formuliert es Christian Ahrendt, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. FĂŒr ihn wĂ€re eine Entfristung „ein unausgewogener Umstand gegenĂŒber Urhebern und Verlagen.“ Diese „dĂŒrfen nicht fĂŒr eine Subventionierung der Hochschulen herangezogen werden.“

Ein Auslaufen des Paragraphen hĂ€tte den RĂŒckfall in ein „Kreidetafel-Zeitalter“ bedeutet, sagt Ulrike FĂ€lsch, Fachreferentin fĂŒr Rechtswissenschaft der UniversitĂ€tsbibliothek Heidelberg. Man hĂ€tte dann die Auswahl der Lehrangebote den Verlagen ĂŒberlassen und deren Lizenzangebote seien oftmals „nicht so toll“. Außerdem haben die Bibliotheken selbst „nur knappe Mittel“, um im großen Umfang Lizenzen zu kaufen.

Zwar begrĂŒĂŸt sie die erneute VerlĂ€ngerung, aber hĂ€tte eine Entfristung, wie unter anderem von der SPD und dem Deutschen Bibliotheksverband gefordert, hĂ€tte sie doch bevorzugt. So gehe vielmehr die „unendliche Geschichte“ um den Paragraph weiter. Jedoch sei es ihrer Ansicht nach auch nicht mit einer einfachen Entfristung getan. Weite Teile des Urheberrechts bedĂŒrfen einer Reform, da es an vielen Stellen schwammig und kompliziert formuliert sei. Frau FĂ€lsch befĂŒrwortet daher eine „allgemeine und verstĂ€ndliche Wissenschaftsschranke“. Dann hĂ€tten Dozenten und Bibliotheken endlich Rechtssicherheit.

Doch zu einer grundsĂ€tzlichen Überarbeitung wird es in dieser Wahlperiode nicht mehr kommen. Das Bundesjustizministerium hat vorerst jegliche ReformĂŒberlegungen auf die lange Bank geschoben. So bleibt zu hoffen, dass spĂ€testens in zwei Jahren die dann regierenden Parteien im Bundestag eine generelle Reform des Urheberrechts in Angriff nehmen.


Zum Urteil des OLG Stuttgart

Im April dieses Jahres verbot das Oberlandesgericht Stuttgart der Fernuni Hagen 91 Seiten eines Psychologie-Buches in ihrem Intranet zur VerfĂŒgung zu stellen. Es handle sich hierbei nicht mehr um einen „kleinen Teil“ eines Werkes. Geklagt hatte der Alfred Kröner Verlag. Die Uni Hagen hat daraufhin Revision eingelegt, ĂŒber die vermutlich im nĂ€chsten Jahr der Bundesgerichtshof entscheiden wird. Der Prozess gilt als Musterverfahren.

von Michael Graupner
   

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