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Hochschule


Der Streik trägt die ersten Früchte

Auch ohne Bundesligafußball lohnt sich ein Besuch in Bielefeld

Im Herbst wurde der Gedanke des Streiks unter den Studenten ausgesät. Im Winter wollte man ihn schon fast für tot erklären (vor allem während der Weihnachtsfeiertage) . Doch jetzt - im Frühling - zeigt sich: er hat nicht nur gut überwintert, sondern besitzt sogar schon so tiefe Wurzeln, daß er anfängt Früchte zu tragen.

So fand am Anfang des Jahres der erste studentische Basiskongreß "Bildung und Gesellschaft" (BuG) statt. Das Ergebnis war zum einen ein breitangelegter Forderungskatalog und zum anderen mehrere Arbeitskreise zu verschiedenen Themen.

Wer von Zeit zu Zeit im Internet surft, hat die erste größere Aktion eines dieser Arbeitskreise - nämlich des AKs "Bundesvernetzung" - schon entdeckt: den "Gründungskongreß zum bundesweiten basisorientierten Studierendenzusammenschluß" vom 23. bis zum 27. April in Duisburg.

Ziel dieses Kongresses unter dem Motto "Freiheit durch Bildung" war ein bundesweiter Zusammenschluß aller Studierenden. Ein etwas hoch angesetztes Ziel zwar, aber zumindest eine Ausgangsidee.

Die Teilnehmer wurden in "Städte" und "Organisationen" aufgeteilt, die zwei Tage lang über Organisationsformen und Arbeitsstrukturen eines Studierendenzusammenschlusses diskutierten. Am dritten Tag wurden die Ergebnisse im Plenum vorgestellt und neue AKs gebildet.

Hier ein paar Infos über den Zusammenschluß:

-Der Studizusammenschluß ist keine Konkurrenz zu den Asten, Stupas etc. Es wird vielmehr eine Zusammenarbeit angestrebt.

-Vor allem Studis, die sich nicht organisieren lassen wollen, sollen über die Informationsmöglichkeiten, die der Zusammenschluß zur Verfügung stellt, miteinbezogen werden.

-Es existiert keine Hierarchie. Alle Meinungen stehen gleichwertig nebeneinander.

-"Mitglied" wird man durch Teilnahme an Diskussionen und Aktionen.

-Informationen erhält man über Maillinglisten, Newsgroups, Chat, das WWW, Aushänge, Kopiervorlagen, Infobüros etc.

-Einen AK "Medienarbeit" gibt es nicht . Die Presse muß von den Teilnehmern an einem Projekt selbst informiert werden.

-Finanzen: Es existiert keine bundesweite Finanzstruktur. Jede Aktion muß von den Organisatoren durch z. B. Sponsoring selbst finanziert werden. Es können auch eingetragene Vereine gebildet werden. Das ist insofern sinnvoll, da Spenden an einen e.V. steuerlich abgesetzt werden können.

Am Ende des Kongresses setzte man gemeinsam eine Liste mit Aufgaben, die von "Städten" bzw. "Organisationen" übernommen werden sollten, auf. Darauf fanden sich Themen wie:

Arbeitsloseninitiativen, technische Vernetzung, Integration von Lehrkörpern in den Streik usw. (besonderes interessant hörte sich der Punkt "Subversives Agieren" an , über den konnte ich jedoch noch keine weitern Details entdecken ).

Wer Genaueres über den Kongreß erfahren möchte, kann im Internet unter der Adresse

http://fsrinfo.uni-duisburg.de/streik/studiverband/

nachsehen. Die Aufgabenliste findet ihr auf

http://fsrinfo.uni-duisburg.de/streik/studiverband/kongreß/ergebnisse.html

Übrigens: Auch ein bundesweites studentisches Informationsnetz (BASIN) existiert bereits.

Aber nicht nur hier tut sich etwas, auch das Ausland ist nicht faul. In Frankreich z.B. fanden sich bereits am 28.2. Studenten zum "Congrès du mouvement pour le droit à l'éducation" (Kongreß der Bewegung "Recht auf Bildung"), kurz MDE, statt. Aber auch in Deutschland geht es weiter. Vom 10. bis zum 14.6. findet in Bielefeld der zweite deutsche Basiskongreß (BuG 2) statt.

Dort wird man sich besonders zweier Fragen annehmen: "Was sind die gesellschaftlichen Ursachen der Probleme, auf die die Proteste hinweisen?" und "Was für alternative Bildungsformen existieren?"

Wer mehr über den BuG 2 erfahren möchte, findet im Netz Material unter

http://hotline.net/bug_2/konzept/kon_bug2.htm

Allen Netjunkies sind sämtliche Informationen dieses Artikels natürlich längst bekannt. Aber nicht alle verbringen ihre Freizeit vor dem Computer. Darum nochmal: BuG 2 vom 10. bis zum 14.6. in Bielefeld nicht verpassen. (st)


Der Krümelmonster - Club

Kinderbetreuung am Nachmittag

Studentische Eltern können aufatmen: Endlich gibt es flexible Betreuungsmöglichkeiten für die Kleinen, während Mama und Papa nachmittags an der Uni büffeln müssen.

Im letzten Wintersemester fand sich am Psychologischen Institut eine Gruppe junger Mütter zusammen, die nach einer Alternative zu den bereits bestehenden Angeboten der Kinderbeaufsichtigung an der Universität Heidelberg suchten. Während die meisten Kinder über drei Jahren am Vormittag in einem öffentlichen Kindergarten untergebracht sind, stehen am Nachmittag weniger Plätze zur Verfügung, die zudem sehr teuer sind.

Auf der Suche nach Räumlichkeiten für eine nachmittägliche Spielgruppe stieß man auf Schwierigkeiten: Ein Pfarrer, der zunächst bereit war, die Gruppe in seinem Pfarrhaus aufzunehmen, konnte sich nicht durchringen und auch das Hinterzimmer eines Stehcafés kam nicht mehr in Frage, als dieses kurzfristig schloß. Überraschenderweise stellte schließlich der St. Chistopherus - Kindergarten in der Bienenstr. 7 gegen eine geringe Miete einen seiner Räume zur Verfügung, und nicht nur das: Auch die Spielsachen, die Außenanlagen mit Spielplatz und die Turnhalle können mitbenutzt werden - ein seltener Fall von Kooperationsbereitschaft.

Zwischen 14 und 18 Uhr besteht die Möglichkeit, seine Kinder für einen Unkostenbeitrag von 2,50 DM pro Stunde dort abzuliefern. Eine Pädagogin und eine Praktikantin beschäftigen sich mit dem studentischen Nachwuchs, der von zwei bis ? Jahre alt ist (auch Schulkinder). Das Projekt ist zunächst auf drei Monate begrenzt und kann nur dann weitergeführt werden, wenn täglich 8-10 Kinder anwesend sind. Daher wäre es zu begrüßen, wenn das Angebot rege genutzt würde.

Zwar wäre es wünschenswert, wenn sich die Besuche der Kinder während des Semesters auf bestimmte Wochentage konzentrierten, um feste Gruppen zu bilden, in denen sich die Kleinen untereinander kennen; jedoch sind auch außerplanmäßig Kinder jederzeit willkommen.

Leider wird das Angebot, das seit Anfang des Semesters besteht, bis jetzt nur von wenigen genutzt, dieallerdings sind sehr zufrieden und drängen darauf, das Projekt in Zukunft fortzuführen. Also: Bringt Kinder in Scharen. (ko, mi)

Weitere Infos im Büro der Frauenbeauftragten, Tel.: 54 76 97


Zurück in die Hängematte

Nonstop-Gesellschaft mit Erdnußeffekt

Der Klick ins Internet ist out - der ultimative Klick in die Glotze ist in. Der moderne Mensch wird sich in Zukunft nicht mehr gelangweilt durch 101 Kanäle zappen, sondern in die rasante Achterbahnfahrt durchs digitale Fernsehen einsteigen. In den "Rausch der Geschwindigkeit" also, zumindest nach Meinung des ZDF-Justitiars Dr. Carl-Eugen Eberle, einem der Referenten des diesjährigen Symposiums des Heidelberger Clubs für Wirtschaft und Kultur.

Doch, "Wo steht der Mensch?" Stehen bleiben wird er laut Eberle sicherlich nicht, denn die archaische Flimmerkiste hat ausgedient und wer mitreden will, wird sich im rasanten Tempo in höhere elektronische Gefilde emporschwingen. Am PC spurten wir zukünftig weiter über die Hindernisse des Intercasts, um schließlich am gemütlichen Schreibtisch via Web-TV in Ruhe den Mörder am 15er-Monitor zu entlarven. Die Familie sitzt gespannt drum herum. Das Arbeitszimmer vom Mittag wird abends zum heimeligen Wohnzimmer umfunktioniert. Zwei Sachen auf einmal. Und der Fernsehr kommt auf den Speicher. Oder doch nicht?

Selbst Eberle bezweifelt, daß der Zuschauer ob dieser machbaren elektronischen Revolution seine Salzstangen künftig im Arbeitszimmmer vor dem Computer knabbern wird. Aber die Beschleunigung wird forciert. Dies bestätigten die eingeladenen Referenten aus Wirtschaft und Kultur einmütig. Im Verkehrsbereich dürfen wir zum Beispiel laut Dr. Hans Christoph Atzpodien, Geschäftsführer der Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft, in absehbarer Zeit die Strecke Hamburg-Berlin in einer Stunde hinter uns lassen. Dank des Transrapids, der damit "Entlastungseffekte für Mensch und Umwelt" schaffe. Für die Wirtschaft präsentierte der führende Zeitmanagement-Experte, Dr. Lothar J. Seiwert, die Arbeitsformel der Zukunft: "Die Hälfte an Arbeitnehmern produziert doppelt soviel mit einer dreifachen Produktionsleistung."

Der Sog der Zeit scheint jeden mitreißen zu wollen. "Wenn du es eilig hast, gehe langsam", lautet daher der einfache Rat des Dr. Seiwert. Die "Nonstop-Gesellschaft" habe sich zum Ziel gesetzt, daß alles viel schneller und viel besser als vorher gehen müsse. Zum Innehalten bleibe keine Zeit, da uns der "Erdnuß-Effekt" einhole, d. h. die Übersättigung an Angeboten. Zu immer neuen Ufern treibe es den Menschen, weil er in seinem kurzen Leben nichts verpassen wolle. Seiwert will in seinem Heidelberger Institut streßgeplagten, dem Kollaps nahen Managern den sicheren Weg zu dauerhaften Spitzenleistungen ebnen. Voraussetzung dafür sei eine "ausgewogene Balance zwischen Speed und Downsizing." Sprich: Die Zeit zur Muße während unserer alltäglichen "Streßrallye". "Berufliche Anforderungen" seien daher mit unseren "privaten Wünschen" zu koordinieren, die Kluft zwischen "persönlichen Lebenszielen" und "gelebter Realität" zu überdenken.

Zurück in die "Hängematte" also.

Den Organisatoren des diesjährigen Symposiums muß man zugute halten, daß es ihnen gelang, namhafte Referenten für sich zu gewinnen, die die Erwartungshaltung der Teilnehmer nicht enttäuschten. Das Thema "Geschwindigkeitsrausch" und die Frage nach dem Standpunkt des Menschen wurden interdisziplinär beleuchtet und kontrovers diskutiert.

Der Club selbst beklagt allerdings, daß er bei vielen Studenten den Ruf einer konservativen, ja elitären Studentenvereinigung hätte. Auch schrecke die Veranstaltungsbezeichnung 'Symposium' ab und verstärke diese Voreingenommenheit. Allerdings sollte der Club das Urteilsvermögen vieler Studenten nicht als bloßes Vorurteil abtun und sich Gedanken darüber machen, warum viele Studenten eine distanzierte Haltung einnehmen. Während des dreitägigen Symposiums waren die Veranstalter unaufhörlich darum bemüht, den Club in ein antikonservatives Licht zu rücken.

Allerdings überspannten manche der Organisatoren den Bogen reichlich, sahen sie doch im ruprecht eine willkommene Gelegenheit, sich werbewirksam in Szene zu setzen. Auf der Wunschliste an die Redakteurin standen eine durchweg positive Bewertung des Symposiums und eine antikonservative Darstellung des Clubs ganz oben.

Objektive Berichterstattung ist aber kein Forum für Imagepflege. Überzeugungsarbeit müssen die Clubmitglieder selbst leisten. (cl)


Revolutionär

Geschichtsstudis machen 48er-Ausstellung

An die lokalen Ereignisse zur Zeit der badischen Revolution 1848/49 erinnern zur Zeit viele Städte. Heidelberg trägt seinen Teil dazu bei mit der Ausstellung "Auf dem Weg zur Paulskirche. Die Heidelberger Versammlung vom 5. März 1848" im Kurpfälzischen Museum, deren Besonderheit bisher nur wenig beachtet und gewürdigt wurde: Sie ist größtenteils aus der Arbeit einer Gruppe von Geschichtsstudierenden der Ruprecht-Karls-Universität hervorgegangen.

Diese hatten sich unter der Anleitung von Dr. Frank Engehausen, einem wissenschaftlichen Angestellten und Dozenten des Historischen Seminars, und Dr. Frieder Hepp, dem stellvertretenden Leiter des Kurpfälzischen Museums, mit dem Revolutionsgeschehen in Heidelberg sowie mit möglichen Ausstellungskonzeptionen beschäftigt. Zentrum der Arbeit im Rahmen der 48er-Revolution war die Heidelberger Versammlung vom 5. März 1848, bei der sich im Schatten der Pariser Februarrevolution 51 südwestdeutsche Liberale und Demokraten zusammenfanden, um über die Zukunft des deutschen Staates und seine politischen Formen zu diskutieren. Die Beschlüsse, die dabei gefaßt wurden, gaben entscheidende Anstöße zur späteren Bildung der Frankfurter Nationalversammlung.

Die Studis faßten ihr Mitwirken am Entstehen der Ausstellung als Chance auf, ein wissenschaftliches Thema zu erarbeiten, das nicht mit einer lustlosen Hausarbeit endet, sondern an die Öffentlichkeit gelangt. So genossen sie es sehr, einmal außerhalb der Mauern des Historischen Seminars wirksam zu werden. Sehr zufrieden sind die Studis auch mit der graphischen Umsetzung ihrer Texte und Bilder in der Ausstellung.

Zusätzlich zu der Ausstellung haben vier der 13 Studierenden Aufsätze verfaßt, die in dem Begleitband "Auf dem Weg zur Paulskirche. Die Heidelberger Versammlung vom 5. März 1948" erschienen sind.

Die Ausstellungseröffnung am 5. März wurde mit einem Festakt im Stadttheater begangen. Dabei wurde außerdem eine Gedenktafel an der Wand der heutigen Volkssparkasse, dem Gebäude des ehemaligen Badischen Hofes und Treffpunktes der Versammlung, enthüllt.

Wer die Ausstellung besuchen will, darf sich nicht entmutigen lassen: Er muß sich den Weg durch die gesamte Dauerausstellung des Kurpfälzischen Museums suchen, um zum Revolutions-Ausstellungsraum zu gelangen. Aber der Weg lohnt sich! (vb)

Die Ausstellung wurde bis zum 22. Juni 1998 verlängert. Öffnungszeiten des Kurpfälzischen Museums: täglich außer Montag 10 - 17 Uhr, Mittwoch 10 - 21 Uhr.


Sinnvolle Ökologie

Ernst-Ulrich von Weizsäcker und der Faktor Vier

Nachhaltigkeit. Ein Schlagwort, daß zur Zeit in aller Munde ist. Doch was versteht man eigentlich darunter? Kann technische Innovation zu einer ökologischen Ökonomie führen?

Fragen, die der Arbeitskreis "Ökologische Ringvorlesung" mit seiner Vorlesungsreihe im Sommersemester mit Leben zu füllen versucht. Titel: "Umwelt und Innovation - Technische Innovation: Der Königsweg zur Nachhaltigkeit?". Zu Beginn der Vorlesungsreihe konnte man einen prominenten und vielgefragten Kämpfer für die ökologische Sache gewinnen: Ernst-Ulrich von Weizsäcker, unter anderem Präsident des Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie sowie Mitglied des Club of Rome.

Frei sprechend und souverän auftretend zeigte der Biologe ein lebhaftes Engagement für die Sache. Im wesentlichen griff er dabei auf Thesen aus seinem 1995 veröffentlichten Buch "Faktor Vier" zurück. Erschreckende Zahlen: Daß jeden Tag (sic!) zwanzig Tier- und Pflanzenarten aussterben, mag wohl - auch wenn man es nur allzu leicht verdrängt - bekannt sein. Doch weiß man auch, daß jeder Deutsche pro Jahr fünfzig bis achtzig Tonnen Erdumwälzungen verursacht, zum Beispiel zur Gewinnung von Rohstoffen? Natürlich vornehmlich im Ausland.

Regenerative Energien. Auch wieder so ein Schlagwort, von vielen benutzt, doch nur von wenigen mit Inhalt gefüllt. Laut von Weizsäcker kann jedoch eine Verschiebung innerhalb der Energieträger allein nicht die Lösung sein - der absolute Anstieg des Energieverbrauchs würde den vermeintlichen Gewinn fast komplett aufzehren. Seine These: Nur eine Halbierung des Energieverbrauchs kann verhindern, daß die Konzentration der Emissionen in der Atmosphäre nicht noch weiter ansteigt. Daß dies im Rahmen des möglichen liegt, belegte der Umweltforscher mit Beispielen, die allesamt mindestens den Faktor Vier - Halbierung des Verbrauchs, doppelte Effektivität - erreichen. Vom Kühlschrank über das Auto bis hin zu fast vollständig recyclebarem Kunststoffgeschirr, kaum ein Bereich des alltäglichen Lebens, in dem es nicht möglich ist.

Fazit: Ein lebendiger Vortrag, viele Probleme und Möglichkeiten aufzeigend. Und: Es liegt an uns. (mg)

Die Vorlesungsreihe findet donnerstags um 19.30 Uhr in der Heuscheuer statt; 14.5.: Prof. Dr. Günther Altner (Uni Koblenz) zu Umweltethik.


Die Schlacht vor der Mensa

An den Unis kämpfen Hochschulmagazine um Studis und Werbetausender

Früher waren es wenigstens immer nur ein paar kleine Bäumchen Regenwald, die einem da vor der Mensa in Form von Flyern in die Hand gedrückt wurden. Vorbei, Vorbei. Die Flyer werden jetzt direkt in die Zwiebelsuppe geschmissen, und vor der Mensa stehen nur noch die Unermüdlichen von der "Studentenpresse" oder vom ruprecht.

Dafür aber lauern im Gebäude selbst dicke Stapel lustig buntbedruckten Papiers mit irgendwelchen mega-hippen jungen Menschen auf dem Titelbild, die sich entweder gerade irre amüsieren oder gerade tierisch sauer sind (Stichwort Studistreik!). Auf jeden Fall aber immer extrem emotional oder auch gerne das Gegenteil, extrem gelassen - ist ja auch egal, Hauptsache extrem.

Die periodischen Druckerzeugnisse nennen sich selbst "Audimax", "Unicum" oder "Uni-Compact" und firmieren als "Hochschulmagazine". Damit auch draufsteht, was drin ist, gibt es immer ein Interview mit einem - igitt, igitt - Politiker, das meistens gschamig am Heftende versteckt wird. Außerdem warten die Hochschulzeitschriften mit tollen Karrieretips, Praktikafingerzeigen und Auslandsaufenthaltshinweisen auf. Damit wäre das Thema Studium dann abgehakt, mit erleichtertem Aufatmen können sich Verfasser und Leser nun den wirklich wichtigen Dingen zuwenden, wie etwa "Party-Drogen" (Audimax 12/97) oder dem Jahr 2000 (Uni-Compact). "Audimax" ist wenigstens noch fair genug, ab und an die zeitgeistigen Zombiewörter "Trends & Lifestyle" auf den Titel zu schreiben, denn eigentlich sind die Zeitschriften genau das: Trendmagazine. Der Student als solcher ist zwar angeblich ständig knapp bei Kasse, doch die Einnahmen von CD-Läden, Kinos, Kneipen, Diskos, Konzertveranstaltern und Urlaubsanbietern strafen das beliebte Vorurteil Lügen. Und so fiel es der Industrie plötzlich ein, daß da die riesige Zielgruppe der Fun-Generation völlig ohne Werbung vor sich hinvegetiert. Okay, im Fernsehen und Kino laufen ständig Spots, aber der Student als solcher ist ja eher ein Intellektueller, der auch gerne mal ein bißchen bedrucktes Papier zur Hand nimmt. Der Werbeanteil der Magazine ist dementsprechend hoch, schließlich werden die Hefte umsonst verteilt. Auch außerhalb der Anzeigen wird kräftig Werbung gemacht - für die neuesten Platten, die neuesten Filme, die neuesten Bücher, die neuesten CD-Roms. König Konsum regiert hier unangefochten.

Der Studi wird unterdessen beim Durchblättern der Magazine zu einem merkwürdigen Spagat gezwungen. Zum einen kriegt er ständig eingepaukt, was er alles braucht, um später mal Karriere zu machen und nicht mit einem nutzlosen Abschluß Hamburger zu verkaufen. "Zusatzqualifikationen" heißt das Zauberwort - der ideale Student sollte Dutzende von Praktika absolviert, längere Zeit im Ausland verbracht und in zahlreichen Vereinen und Verbänden aktiv mitgewirkt haben. Eine Handvoll Fremdsprachen, EDV-Kenntnisse und ein bißchen was Soziales werden zumeist schon gar nicht mehr der Erwähnung für wert befunden. Sollte der Studi jetzt aber glauben, er müsse sich sofort in all diese Aktivitäten stürzen, so liegt er damit völlig falsch. Denn zuerst muß sich noch amüsiert werden: Gleich neben den Karrieretips ("Küß die Hand - Gute Umgangsformen erleichtern die Karriere", Audimax 12/97) werden die Trends, Kults und Flops der lustigen Studentenszene unter die Lupe genommen. Von In-Sportarten (Snowboarden!) über Clubbing bis zum immer wieder gerne aufgewärmten Thema Beziehungen steht alles auf dem Programm; dazu kommen aktuelle Hypes wie die momentane Schlager-Hysterie ("Ein Bett im Kult-Feld", Audimax 12/97).

Bei aller Trendigkeit und Hipness, gegen die ja an sich nichts zu sagen wäre, entpuppen sich die auf dem Cover penetrant angepriesenen Beiträge leider meist als tote Hose. Im "Reisetip" von Audimax 4/98 ("Elchtest mal anders!"), der auf Skandinavien und Island Lust machen will, zieht Gerrit Nawracala nach einer Spalte Genörgel über eine langweilige Woche im Grünen das aufregende Fazit "Schweden ist Wald." Auch dem Kollegen Thomas Pfister in Finnland fiel nicht mehr ein, als über die Weite des Landes zu staunen ("Wir hatten einfach vergessen, daß die 'Tankstelle an der nächsten Ecke' hier mindestens 100 Kilometer entfernt ist.") und andächtig Tachoanzeigen herunterzubeten: "In Turko bestiegen wir schließlich bei einem Kilometerstand von 5.083 die Fähre zurück nach Schweden." Oft werden solche vorgeblichen "Service"-Artikel noch durch launige Umfragen aufgepeppt: "Wir wollten von Euch wissen, was bei Euch auf jeden Fall zum perfekten Reisegepäck dazugehört." Das Unoriginelle der Frage wird dabei regelmäßig von der Trostlosigkeit der Antworten getoppt. So meint zum Beispiel Katharina (Italoromanische Philologie, 21): "Ich nehme gern ein Taschenmikroskop mit dreißigfacher Vergrößerung in den Urlaub mit. Damit sehe ich mir Pflanzenteile, z.B. Blattoberflächen, und alles mögliche andere an. Man kann damit in eine total andere (Micro) Welt eintauchen." Na toll.

Besonders schade ist es, wenn vielversprechende Ideen auf engstem Raum behandelt und deshalb nur die vermeintlichen Highlights in gnadenloser Hektik runtergenudelt werden. So etwa im Beitrag "Go East! Nightlife pur in Moskau, Prag und Bukarest", ebenfalls in Audimax 4/98. Auf einer Seite, auf der auch noch drei Fotos Platz finden müssen, werden alle drei Städte "vorgestellt", was gerade mal für eine Handvoll "locations" reicht. Aber vielleicht will man den Leser ja auch nicht mit seitenlangem Gequatsche nerven; schließlich muß alles schnell gehen, denn morgen ist der Trend schon wieder woanders. Das flippige Layout, das gar nicht genug bunte Kästchen, verschiedene Schrifttypen und unorthodox formatierten Text kriegen kann, tut da ein übriges, um die Infotainment-Häppchen möglichst leicht verdaulich zu machen.

Doch die Hochschulmagazine tun keinem weh, sie sind von einer erfrischenden Leichtigkeit und Unverbindlichkeit - und darin typisch für die 90er. Es läßt sich gut darin blättern, während man mit der Rindsroulade kämpft und - ich gestehe - manch wichtige Adresse und interessanter Hinweis läßt sich doch darin finden. Aber nach der Rindsroulade könnte eine "richtige" Zeitung vielleicht doch nicht schaden... (kw) Heidelberg


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