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27.04.2009

Il divo

4 von 4 Rupis - Gelungene Politsatire

Giulio Andreotti liest in der Pause einer Abstimmungsdebatte im italienischen Parlament in einem Kriminalroman. Urplötzlich reißt er eine Seite aus dem Buch heraus und sagt: „Der Mörder sollte gerade entlarvt werden. Ich will es nicht wissen.“

Giulio Andreotti liest in der Pause einer Abstimmungsdebatte im italienischen Parlament in einem Kriminalroman. Urplötzlich reißt er eine Seite aus dem Buch heraus und sagt: „Der Mörder sollte gerade entlarvt werden. Ich will es nicht wissen.“

Giulio Andreotti war zwischen 1954 und 1992 an 33 italienischen Regierungen beteiligt, er besetzte das Amt des Innen-, Außen-, Finanz-, Verteidigungs- und Industrieministers, er wurde sieben Mal zum  Ministerpräsidenten gewählt. In Andreottis Amtszeiten fallen politische Morde an Journalisten und Anti-Korruptionaktivisten, er wird verdächtigt, Verbindungen zur Mafia zu haben und wurde 2002 sogar zu 24 Jahren Haft verurteilt, ein halbes Jahr später wurde das Urteil jedoch aufgehoben.

Er ist einer der umstrittensten Politiker des Landes, undurchschaubar und machtverliebt. Die Italiener nennen ihn den Buckligen, den Beelzebub, den schwarzen Papst. Regisseur Paolo  Sorrentino zeigt ihn nun in der Satire „Il divo“ als Karikatur zwischen Max Schrecks halsloser Nosferatu-Darstellung mit Fledermausohren und Vito Corleone, der sich eine nicht minder von Klischees behafteten Gruppe von Vertrauten um sich schart.Der Film zeigt die letzte Amtszeit des Politikers als  Ministerpräsidenten und den Beginn der darauf folgenden Mafiaprozesse, ohne dabei Aufklärungsfilm zu sein. Andreottis Verbindungen zum organisierten Verbrechen sind keineswegs nachgewiesen, im Film wird jedoch mehr als nur angespielt auf Andreottis Mafia-Mitgliedschaft.

Sorrentino beansprucht keinerlei objektive Faktentreue. Er schafft vielmehr ein exakt komponiertes, operettenhaftes und dennoch hochpolitisches Drama, in dem der Zuschauer durchaus Sympathien für den Hauptdarsteller (Toni Servillo) entwickelt, der einen eigenwilligen, zynischen Humor zeigt. So erzählt er von seinen wiederkehrenden Migräne-Anfällen und von dem Arzt, der ihm bei der Musterung noch ein halbes Jahr zu leben gegeben habe: „Jahre später wollte ich ihn besuchen, um ihm zu sagen, dass er sich geirrt hatte. Aber er war tot.“

Während des Films kommt einem der Name des aktuellen Ministerpräsidenten Italiens, der seinen Vorgänger an Machtjahren bereits überholt hat, in den Sinn. Von diesem könnte auch ein Ausspruch Giulio Andreottis stammen, der sagte: „Wenn ich in die Kirche gehe, spreche ich nicht mit Gott, nur mit dem Priester. Denn Gott geht nicht wählen.“

von Hannes Zahner
   

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