16.06.2009
Wenn sich Demut in Körperlichkeit Ă€uĂert
Georgette Dee begeistert in Heidelberg
Verrucht und damenhaft zugleich begeistert Georgette Dee das Heidelberger Publikum im Stadttheater. Mit geistreichen Anekdoten und ergreifenden Liedern erspĂŒrt die Kunstfigur Weisheiten des Lebens und geht dem Mysterium der Liebe auf den Grund.
"Chanson - das ist die geballte Wucht Weltgeschichte, verpackt in drei Minuten", sagte einmal der Schriftsteller Erich KĂ€stner. Den Beweis lieferte die TravestiekĂŒnstlerin Georgette Dee beim Chansonabend im Heidelberger Stadttheater.
"Ein halbes Jahrhundert Welterfahrung hinter sich gebracht, sei es Zeit, sein Leben zu reflektieren", bereitete Georgette Dee ihr Publikum auf eine BĂŒhnenshow vor, die sich den ganz groĂen Emotionen widmete. Kenner der Kultfigur wissen, dass ein Abend mit der Dee nie vorĂŒber geht, ohne dass sich im Inneren ein Funke festsetzt. Ihr Gastspiel in Heidelberg war da keine Ausnahme.
"Göttlich" zur Pause
Ins schwarze Kleid gehĂŒllt und Zigarette in der Hand unterhielt Dee mit Anekdoten aus ihrem Leben und ging dabei dem Mysterium der Liebe auf den Grund. Das Wechselspiel aus Gesang und ErzĂ€hlungen begeistert seit mittlerweile zwanzig Jahren. Dass sie angesichts des Jubels ihr Publikum fragen musste, ob es Ausgang von der Uni hĂ€tte, dĂŒrfte auch fĂŒr die Diva neu gewesen sein.
Nur ein Satz reicht aus, um das Publikum von Ergriffenheit zu LachanfĂ€llen zu leiten. Sie besingt den Schmerz der Welt und erklĂ€rt im nĂ€chsten Moment, was passiert, wenn Oma Charlotte vergisst, den SchlĂŒpfer zu wechseln. Mit jeder Anekdote und jedem Lied stieg die Stimmung des Publikums und leerte sich Dees Zigarettenschachtel, sodass begeisterte Zuschauer sie bereits zur Pause als göttlich priesen. Sie selbst beschreibt sich dagegen als eine, "die mit dem Irrsinn tanzen geht, mit dem Wahnsinn frĂŒhstĂŒckt und trotzdem noch Anrufe tĂ€tigen kann". Was lĂ€sst sich von solch einer Frau anderes erwarten?
Weise Dame und verruchte Hure zugleich
Der in einzigartiger Symbiose verbundenen Dame und verruchter Hure taugt selbst der tiefste Liebesschmerz nicht zum Drama. Ein Schmunzeln ist bei ihren Geschichten immer dabei. Gerade das macht Georgette Dee glaubhaft. Pointiert weist sie auf Wahrheiten hin, die man selbst schon ahnte, aber ihrer nie habhaft wurde. Ob in einem Lied oder Nebensatz â es bleibt etwas hĂ€ngen. Selbst wenn es nur die Kenntnis ist, dass sich RĂŒhrung am besten nach hinten ziehen lĂ€sst oder Demut sich öfters in Körperlichkeit Ă€uĂert.
von Annika Kasties