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 Hochschule
30.06.2009

Kein direkter Dialog nach dem Streik

Ein "Ferngespräch" zwischen Rektor und Besetzer

Da das Rektorat ankündigte nicht mit den ehemaligen Besetzern zu reden, befragte der ruprecht beide Seiten getrennt voneinander. Wir sprachen mit Rektor Bernhard Eitel und Christian Andersch, einem Besetzer der Alten Uni.

ruprecht: Herr Eitel, Sie haben Gespräche mit den gewählten studentischen Vertretern angeboten, was erhoffen Sie sich davon?

Bernhard Eitel
: Das gesamte Rektorat und ich haben immer Wert darauf gelegt, Anregungen der Studierenden aufzunehmen. Dass wir jetzt verstärkt das Gespräch suchen, hat sich auch unter dem Eindruck der Probleme in der Romanistik ergeben, auch dort bin ich ja zu den Studierenden gegangen. Für mich versteht es sich von selbst, mit den Studierenden den Kontakt zu halten, ich mache das auch gerne.

Wäre es da nicht einfacher, es gäbe dafür eine juristisch klar definierte Plattform?

Ich habe mich aufklären lassen, dass es für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Baden-Württemberg sehr schwierig ist, die verfasste Studierendenschaft einzuführen, die ja Forderung vieler Studierender ist. Ich werde klären, ob das so stimmt. Andererseits würde sich in der Mitbestimmung dadurch nicht viel ändern. Das Gesetz sieht ja auch jetzt die Beteiligung der Studierenden in den Fakultäten genau wie im Senat und im Universitätsrat vor. Woran sich der Streit entzündet ist, in welcher Form und mit wie vielen Sitzen. Bei uns ist das in der Grundordnung festgelegt. Die zu ändern, ist nur über die Gremien möglich. Deshalb ist es notwendig, den Prozess jetzt in Gang zu setzen mit den Gremienvertretern.

Sie haben öfter gesagt, bei höherer Wahlbeteiligung könne man über mehr Mitbestimmung reden. Darf man demokratische Rechte an solche Bedingungen knüpfen?

Wir haben ja solche Grenzen, beispielsweise die Fünf-Prozent-Hürde. Das ist eine grundsätzliche Frage. Mir geht es jetzt gar nicht um die 30 Prozent, die hatte ich seinerzeit einfach einmal in den Raum gestellt. Ich bin da ganz offen. Man darf nur nicht die Studierenden insgesamt verwechseln mit einer kleinen Gruppe, die ihre Anliegen besonders aktiv vertritt.

Fast alle Fachschaften haben sich hinter die Besetzer und ihre Forderungen gestellt.

Gehen sie doch jetzt den Weg über die Gremien! Ich muss mich als Rektor in einem gewissen Rahmen neutral halten. Ich bin nicht nur der Vertreter der Studierenden, die sich wiederum untereinander durchaus nicht einig sind, sondern aller Statusgruppen. Ich muss das Ganze im Blick haben. Jetzt muss man überlegen, wie man die Anliegen der Studierenden am besten im universitären Prozess realisieren kann. Da ist ein möglicher Weg eine höhere Beteiligung. Ein Sitz mehr im Rat der Fakultät XY, das wird nicht viel ändern. Was wir wollen, ist die Studierenden von Anfang an in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Darüber müssen wir reden und für dieses Gespräch wollen wir die aktuelle Mobilisierung und die Bereitschaft der Studierenden, sich einzubringen, nutzen.

Warum haben Sie den Dialog mit den Streikenden so abrupt abgebrochen?

Mit den Studierenden habe ich den Dialog keineswegs abgebrochen. Die Besetzung war und ist die Überschreitung einer Grenze. Ich hätte es noch verstanden, auch wenn es grenzwertig ist, wenn man sagt: "Es ist ein Event, wir wolle die Öffentlichkeit und wir ziehen nach drei Stunden wieder ab." Aber nach drei Tagen und vielen Gesprächsangeboten ein Ultimatum zu setzen und zu sagen: "Erst wenn das Rektorat auf unsere Forderungen eingeht, ziehen wir ab", das halte ich für nicht akzeptabel. Unter diesem Druck können keine konstruktiven Gespräche stattfinden.



ruprecht: Christian, Du warst von Anfang an im Rektorat dabei, wie kam es überhaupt zur Besetzung?

Christian Andersch: Nach der Demo am Mittwoch haben sich rund 200 Studierende spontan entschlossen, den Rektor zur Rede zu stellen. Er ist über die Feuertreppe verschwunden, wir haben ihn noch gesehen. Am Abend ist er dann mit Zivilpolizei erschienen, um mit uns zu sprechen. Wir mussten Herrn Eitel mehrfach auffordern, die Polizisten hinauszubitten. Erst als das folgende Gespräch ergebnislos endete und klar wurde, dass er sich für unsere Forderungen überhaupt nicht interessiert, haben wir im Plenum die Besetzung beschlossen.

Rektor Eitel sieht das als Grenzüberschreitung.

Die Studierenden sind den legalen Weg mehrfach gegangen. Gespräche mit dem Rektorat haben immer ins Nichts geführt, zuletzt bei den Romanisten. Und Anträge im Senat werden hinter verschlossenen Türen verhandelt und überstimmt. Die Besetzung ist nicht legal, aber höchst legitim, weil sie im Verhältnis steht zu den Missständen, die wir anprangern. Das macht zivilen Ungehorsam aus.

Transparenz fordern, aber Kameraverbot für den ruprecht bei der Besetzung, passt das zusammen?

Wir haben der Presse und dem ruprecht nie Zutritt oder Berichterstattung verwehrt. Wir hatten aber natürlich Angst vor Strafanzeigen – Bilder hätten Beweismittel darstellen können. In den Unigremien verhindert die gesetzlich vorgegebe Geheimhaltung dagegen Kontrolle und Kritik von außen.

Was hältst Du von Eitels Gesprächsangebot an die gewählten Vertreter?

Ich kann hier nur für mich sprechen: Ich halte dieses Verhalten für eine Farce, der Rektor widerspricht sich selbst. Im Rektorat hat er uns echte Mitbestimmung noch mit dem Verweis auf die geringe Wahlbeteiligung verwehrt. Durch die Einladung billigt er den Gewählten wiederum den Status von Repräsentanten zu. Er will suggerieren, es gäbe zwei Lager: Besetzer und gewählte Vertreter. Das wird nicht gelingen. Es gibt eine große Schnittmenge. Die Besetzung hat uns erst Gehör verschafft. Viele Gewählte wollen den Rektor nun zu einem öffentlichen Gespräch auffordern.

Ihr seid eine relativ kleine Gruppe, warum fühlt ihr euch legitimiert?

Die Tage im Rektorat haben gezeigt, wie viele sich für das Geschehen an ihrer Uni interessieren. Wir waren zeitweise 700 Leute in und um das Gebäude. Auch die Stimmung in den Hörsälen war deutlich auf unserer Seite. Mehrere tausend Studierende und Lehrende haben unsere Forderungen unterschrieben. Außerdem versuchen wir, alles basisdemokratisch zu lösen: Alle, die wollen, können mitreden. Jeder kann zu den Treffen kommen.

Wie geht es weiter?

Diese Frage bekomme ich oft gestellt. Wie es weitergeht, kann keiner genau sagen. Das hängt auch davon ab, ob das Rektorat sich dem Dialog mit uns öffnet. Wir zeigen Präsenz und unterstreichen unsere Forderungen. Das haben wir zum Beispiel bei der Einweihung des Schriftzuges auf dem Uniplatz getan. Und das werden wir weiter tun. Langfristig stehen unsere Forderungen im Raum, zu denen sich das Rektorat bisher nicht geäußert hat. Im Idealfall geht es bald mit einem echten Dialog weiter.

von Johannes Eberenz, Stefanie Fetz und Ronja Ritthaler
   

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