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 Heidelberg
18.02.2010

Heidelberger Historie: Einst im Schloß, heute im Keller

Die teuersten Bücher der Welt: Die Bibliotheca Palatina

Für ein "dienstlich und notwendig werck" hielt Kurfürst Ottheinrich die Erweiterung der Heidelberger Bibliothek. Ihm und seinen Vorgängern verdankt die Stadt, daß sie rund 100 Jahre Besitzer der wertvollsten Bibliothek der Welt war: der Bibliotheca Palatina.

Erschien erstmals am 14. Dezember 1999 in der ruprecht-Ausgabe 63

Für ein "dienstlich und notwendig werck" hielt Kurfürst Ottheinrich (1502-1559) die Erweiterung der Heidelberger Bibliothek, "insbesonderheit an denen orthen, da universitaeten und hohe schulen seind". Im Gegensatz zum Gründer der Uni Heidelberg, Kurfürst Ruprecht I. (gestorben 1390) konnte er zumindest lesen und schreiben. Ihm, seinen Vorgängern und Nachfolgern verdankt Heidelberg, daß es knapp hundert Jahre lang Besitzer der wertvollsten Bibliothek der Welt war, der Bibliotheca Palatina.

Viele wollten sie und einige hatten sie, die Bibliotheca Palatina. Entstanden ist sie in Heidelberg. Am Anfang waren es drei Bibliotheken, die Artistenbibliothek, die Stiftsbibliothek und die Schloßbibliothek. 1390 vermachte Konrad von Gelnhausen, der Vor-vor-vor-vor-usw.-gänger von Kanzlerin Romana Gräfin vom Hagen, der Uni Heidelberg 200 Handschriften und 1.000 Gulden. Noch eine Finanzspritze vom Kurfürsten, und man konnte mit dem Geld das "Artistenkollegium" errichten, in dem man die Bücher aufstellte. Etliche Professoren stifteten ebenfalls ihre Buchbestände. So zählte man 1466 etwa 1.600 Bücher.

Die Stiftsbibliothek geht auf Kurfürst Ludwig III. zurück. Der ordnete 1421 testamentarisch an, seine private Büchersammlung auf die Empore der Heiliggeistkirche zu verfrachten. Ein nicht uneigennütziges Tun, denn so konnte kein Kirchenbesucher übersehen, was für ein großzügiger Herrscher der Verstorbene gewesen war.

Die Schloßbibliothek schließlich befand sich, wie der Name vermuten läßt, auf dem Schloß. 1556 beschließt Ottheinrich, das Schloß brauche ein neues Bibliotheksgebäude. Die Schloßbibliothek wird während der Umbauarbeiten in die Heiliggeistkirche, zur "Palatina", der "Landbibliothek", gebracht. Dort bleibt sie dann auch. Und nachdem noch Ulrich Fugger 1584 seine Bücher der Heidelberger Uni vermacht, steht fest: Die Bibliotheca Palatina ist die bedeutendste Bibliothek Europas.

Die Palatina weckt Begehrlichkeiten

Einen wurmt diese Entwicklung sehr: Papst Gregor. Die Palatina der calvinistischen Pfalz ist nicht nur die größte Bibliothek Europas, sondern auch die größte reformatorische Bibliothek. Als die Pfalz im Dreißigjährigen Krieg an das katholische Bayern fällt, ergreift Gregor seine Chance und fordert die Bibliothek von Bayern. So wird 1622 der Großteil der Bücher nach Rom abtransportiert. Aus mit dem Glanz.

Auch in Rom befinden sich die Bücher nicht in Sicherheit. Als Napoleon auf seinem Streifzug durch Europa Rom erreicht, läßt er einige Bände nach Paris schicken, "für das französische Volk". Daran, Bücher nach Heidelberg zurückzugeben, denkt niemand.

Erst nach der Neugründung der Universität 1803 und mit Beginn der Romantik gewinnt Heidelberg wieder an Bedeutung. Die Buchbestände umliegender Klöster werden von der Bibliothek aufgekauft. 1812 besitzt sie 45.000 Bände. 1816 läßt sich der Vatikan erweichen und gibt 852 meist deutschsprachige Handschriften zurück. Aus Paris werden 38 Handschriften zurückgeschickt. Am 6. November 1905 ist das neue Bibliotheksgebäude in der Plöck bezugsbereit. Im Keller befinden sich vier große Safes, in die der Bücherschatz eingelagert wird.

Zurück in Heidelberger Schließfächer

Dort liegt er bis heute, klimatisiert und „mit den üblichen modernen Sicherheitsvorkehrungen" geschützt, wie Dr. Armin Schlechter, Leiter der Abteilung Handschriften und Alte Drucke der UB, verrät. Rein kommen nur die verantwortlichen Bibliotheksangestellten, Professoren und Studenten mit Forschungsauftrag, sprich Germanisten.

Schlechte Karten für unsere Freunde aus Japan oder Naturwissenschaftler. Wohlbehütet findet man im Safe unter der UB den "Codex Manesse", die Heidelberger Liederhandschrift um 1305 entstanden, den "Sachsenspiegel" von etwa 1310, das älteste Juristen-Handbuch, oder Kopien des Parzival von Wolfram von Eschenbach, entstanden 1450, des Lohengrin von 1475 oder des Rolandsliedes aus dem 12. Jahrhundert.

von Sandra Thoms
   

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