17.05.2011
Regierung plant Hochschulreform
Was sich für Studierende unter Grün-Rot ändert
Etwa einen Monat nach dem Wahlsieg veröffentlicht die grün-rote Regierung ihren Koalitionsvertrag. Zwei Punkte für Hochschulen fallen besonders ins Auge: die Abschaffung der Studiengebühren und die Einführung einer verfassten Studierendenschaft.
Etwa einen Monat nach dem Wahlsieg veröffentlicht die grün-rote Regierung ihren Koalitionsvertrag. Zwei Punkte für Hochschulen fallen besonders ins Auge: die Abschaffung der Studiengebühren und die Einführung einer verfassten Studierendenschaft.
Ende April veröffentlichte die neue grün-rote Regierung ihren Koalitionsvertrag, wo die Abschaffung der Studiengebühren schwarz auf weiß zu lesen ist. Gleichzeitig verpflichten sie sich, die wegfallenden Gelder durch Kompensationsmitteln zu ersetzen. Die Abschaffung der Gebühren soll im Sommersemester 2012 geschehen, obwohl im Wahlkampf das Wintersemester dieses Jahres angepeilt worden war. Nicht mal die neue Wissenschaftsministerin Theresia Bauer weiß, wie die Kompensationsmittel finanziert werden sollen, weshalb diese Verschiebung nicht allzu sehr überrascht.
Bei den Kompensationsmitteln wünscht sich Grün-rot eine „Mitbestimmung der Studierenden auf Augenhöhe“. Dies klingt nach einer Verbesserung der derzeitigen Zustände, denn die Studiengebührenkommissionen haben formell nur eine beratende Funktion. Allerdings handelt es sich bei diesen Kompensationsmitteln nur um einen Bruchteil des Uni-Etats. Außerdem existiert an der Universität Heidelberg noch kein Gremium, das eine Mitbestimmung über Finanzen auf Augenhöhe überhaupt gewährleistet.
Dies könnte sich mit der Einführung der verfassten Studierendenschaft in Baden-Württemberg ändern – ein historisches Ereignis, denn seit 1977 ist sie per Landeshochschulgesetz verboten.
Was ist nun diese verfasste Studierendenschaft (VS)? Grob gesagt ist es eine autonome Regierungsstruktur an der Universität. Dort wo eine VS erlaubt ist, also überall außer Bayern und bisher in Baden-Württemberg, gehören dieser alle eingeschriebenen Studierenden automatisch an. Eine VS organisiert sich selbst und fordert von jedem Studierenden pro Semester einen Geldbetrag ein. Damit diese Beiträge sinnvoll eingesetzt werden, muss es politische Strukturen geben, die über diesen Haushalt bestimmen.
Dazu gibt es einerseits das Studierendenparlament (StuPa), das in den meisten VS-Modellen der Legislative entspricht und von den Studierenden auf Zeit gewählt wird. Dann gibt es den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), der in den meisten Modellen die Exekutive darstellt und vom StuPa gebildet wird. Sie führen die Richtlinien des StuPa konkret aus und repräsentieren bei Geschäftsabschlüssen die Gesamtheit der Studierendenschaft nach außen. Die Verhandlungen für das Semesterticket fallen oft unter ihre Zuständigkeit.
Ferner gibt es Fachschaften und Fachschaftsräte, die föderalistisch organisiert sind, weil sie an Vorgaben des StuPa gebunden sind, dafür aber auch Anteile am Studierendenbeitrag erhalten. Ansonsten sind sie ebenfalls verpflichtet, sich selbst innerhalb ihrer Fächer zu organisieren.
Strukturen einer studentischen Selbstverwaltung finden sich trotz Mangel einer gesetzlichen Grundlage auch in Heidelberg. Fachschaften gibt es ebenso wie die Heidelberger Fachschaftskonferenz (FSK), deren Aufgaben zum Teil denen eines normalen AStA ähneln. „Wir hoffen, dass durch die VS die Studierenden „hochschulpolitisiert“ werden“ meint Tobias Sicks von der Juso-Hochschulgruppe Heidelberg.
Zur VS-Umsetzung in Heidelberg sagt Hans Lüders von der Grünen Hochschulgruppe: „Wir stehen weiterhin für das mit der FSK und anderen Hochschulgruppen ausgearbeitete Modell eines Studierendenrates, dem sowohl Fachschaften als auch Hochschulgruppen angehören.“
Kritik kommt von Carsten Funck, dem Vorsitzenden des Rings Christlich-Demokratischer Studenten: „Der anfallende Studierendenbeitrag wird auf wenig Akzeptanz stoßen. Die Zwangsmitgliedschaft in der Studierendenschaft widerspricht der Freiheit des Einzelnen.“
von Xiolai Mu