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 ProContra
20.12.2012

Geht die Welt unter? Ja.

Zwei Redakteure streiten ĂŒber die Apokalypse

Paul Eckartz. / Foto: privat

Der Maya-Kalender endet am 21. Dezember 2012. Die Apokalypse kommt, sagen manche. Alles Unfug, sagen andere. Hier und dort macht sich Hysterie breit: Wird die Welt untergehen? Paul Eckartz studiert Physik und glaubt: "Das Potenzial zur Apokalypse ist jederzeit gegeben."

Das Ende der Welt naht. Der 21. Dezember 2012 wird unser aller Ende markieren. Die tragische Tatsache, dass eine ĂŒberwĂ€ltigende Mehrheit der Menschheit sich dieser Erkenntnis nach wie vor verweigert, ist vor allem der hanebĂŒchenen Mythenbildung geschuldet, die sich um dieses Datum rankt und eine nĂŒchterne wissenschaftliche Betrachtung der relevanten Fakten untergrĂ€bt.

Ich möchte hier zunĂ€chst auf die HintergrĂŒnde dieser Esoterik eingehen und auch einige vermeintlich wissenschaftliche Weltuntergangshypothesen kurz erlĂ€utern, um zu zeigen, wie wenig diese tatsĂ€chlich imstande sind, das Ende der Welt zu erklĂ€ren. Anschließend soll dessen tatsĂ€chlicher Grund erörtert werden, auf dass vielleicht der ein oder andere im VerstĂ€ndnis des Unheils ein wenig Trost finden möge.

Im Kichwa, einem im heutigen Ecuador gesprochenen Dialekt der Inkahochsprache Qechua, bedeutet der Begriff „Pachakuti“ in etwa Zeitenwende und tatsĂ€chlich markiert der Anbeginn dieses Jahrtausends nach indigener Zeitrechnung eine ebensolche. Das darauf folgende, neue Zeitalter soll allerdings nicht von einem apokalyptischen Ereignis, sondern vornehmlich einem Wiedererstarken der indigenen Kultur geprĂ€gt sein.

Interessanterweise scheint sich dieser Trend zu bestĂ€tigen: In Ecuador ist eine indigene Partei seit 1996 im Parlament vertreten, in Bolivien wurde mit Evo Morales 2005 erstmals in SĂŒdamerika ein Indigener zum Staatsoberhaupt gewĂ€hlt. Doch das fĂŒhrt hier zu weit. Auch der so hĂ€ufig zitierte Maya-Kalender spricht keinesfalls von einem Ende der Welt.

Vielmehr markiert der 21. Dezember 2012 lediglich den Beginn eines neuen Baktuns, einer ZĂ€hleinheit von 144.000 Tagen. Nur in einer Quelle wird fĂŒr dieses Datum ein Auftreten der Gottheit Bolon Yokte' K'uh zur „Vorstellung eines AmtstrĂ€gers“ vorhergesagt. Die Mythologie Lateinamerikas kann uns also keinen Aufschluss ĂŒber die Ursachen unseres nahenden Endes liefern.

HĂ€ufig werden auch astronomische Ereignisse als mögliche Ursachen der Zerstörung der Erde genannt. Beliebt sind vor allem Geschlucktwerden durch ein Schwarzes Loch (ob menschengemacht oder nicht), Kollision mit einem Asteroiden (oder anderen Planeten, wenn Milchstraße und Andromeda-Nebel in zwei Milliarden Jahren kollidieren) sowie die Vernichtung der Erde durch unsere eigene Sonne, wenn sich diese zum Ende ihres Lebenszyklus zu einem Roten Riesen aufblĂ€ht.

Doch derlei Ereignisse, wenn auch grundlegend möglich, zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie entweder weit in der Zukunft liegen oder zumindest mittelfristig vorhersehbar sind. Auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass die Erde irgendwann einem dieser Ereignisse zum Opfer fallen könnte, falls sie nur lange genug existierte, so wird auch ersichtlich, dass keines dieser Ereignisse zu dem jetzt bevorstehenden Untergang fĂŒhren kann.

Doch worin sonst bestehen dann die Ursachen? TatsĂ€chlich fußt unser VerhĂ€ngnis in einem bekannten Prinzip, dass uns alltĂ€glich begegnet und unter vielen Namen firmiert: Schneeballprinzip, Schmetterlingseffekt, Domino. Sie bezeichnen das PhĂ€nomen, große Wirkung mit vermeintlich geringem Aufwand zu erzeugen. Eine große Menge an vorhandener potentieller Energie wird hierbei durch einen kleinen zusĂ€tzlichen Input zum Beispiel in kinetische Energie transformiert und somit nutzbar gemacht.

Ein winziger Dominostein könnte einen Wolkenkratzer umwerfen, wenn nur die Kette der Dominosteine dazwischen lang genug ist und die Dominos immer grĂ¶ĂŸer werden, aber stets noch klein genug sind, um von ihrem VorgĂ€nger umgeworfen zu werden. Und nicht nur im Domino ist eine solche Kausalkette wachsender Ursachen und Wirkungen denkbar.

Die Zerstörungskraft menschlichen Erfindungsgeistes hat ein beachtliches Potential erreicht, Nuklearwaffen bilden das beeindruckendste Beispiel. Und auch in der Natur gibt es VorgÀnge, die ein kataklystisches Ereignis bedingen könnten. Der Ausbruch des Yellowstone-Supervulkans beispielsweise zÀhlt hierzu.

Nun lassen sich nahezu beliebig viele, beliebig lange Kausalketten konstruieren, die beispielsweise in einem Atomkrieg mĂŒnden. Diese sind aufgrund der KomplexitĂ€t der ihnen zugrunde liegenden Interdependenzen weder prognostizierbar, noch sonderlich wahrscheinlich. Aber es bedarf keiner besonderen mathematischen Begabung, um einzusehen, dass die schiere Anzahl der Möglichkeiten deren jeweils geringe Wahrscheinlichkeit soweit aufwiegt, dass die Apokalypse in den Bereich des Wahrscheinlichen rĂŒckt.

Ein Lottogewinn ist statistisch gesehen nahezu unmöglich, aber irgendjemand gewinnt schließlich doch. Welche Kausalkette so zum Untergang fĂŒhrt, lĂ€sst sich freilich nicht bestimmen. Aber dass es schließlich irgendeine tun wird, steht fest.

Nun stellt sich noch die Frage, warum die Welt ausgerechnet am 21. Dezember 2012 untergehen sollte. Die Antwort ist so simpel wie einleuchtend: Warum nicht? Im wissenschaftstheoretischen Sinne ist die Weltuntergangshypothese solange gĂŒltig, bis sie (empirisch) falsifiziert wird. Auch wenn das Universum, das haben Quantenphysik und insbesondere Heisenbergs UnschĂ€rferelation gezeigt, nicht deterministisch ist und eine exakte Vorhersage des Weltuntergangsdatums daher nicht möglich, so ist doch das Potential zur Apokalypse jederzeit gegeben.

Jeder Tag ist der 21. Dezember 2012.

 

   

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