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12.06.2013
Menschen, Macht und Mittelmäßigkeit Die Medici-Ausstellung in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim Rund ein halbes Jahrtausend nach der Blütezeit der Familie Medici widmen die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim ihr eine umfangreiche Ausstellung, die es sich zur Aufgabe macht, die Menschen hinter der prunkvollen Fassade zu porträtieren. Die Geschichte der Dynastie wird hierbei von ihrem Gründungsvater Giovanni di Bicci – geboren 1360 – bis hin zu ihrer letzten Vertreterin, der Kurfürstin Anna Maria Luisa von der Pfalz – gestorben 1743 – aufgerollt. Mit knapp 400 Jahren umfasst die Ausstellung so einen immensen Zeitraum, den es kurzweilig darzustellen gilt. Leider gelingt eine ansprechende Präsentation der Inhalte nur ansatzweise. Beim Betreten der Ausstellung landet der Besucher direkt im Florenz des 15. Jahrhunderts, genauer in der Alten Sakristei der Basilika San Lorenzo. Dort wurde ein Großteil der berühmtesten Medici bestattet, wie ein in eine Vitrine eingelassener Touchscreen wenig eindrücklich zeigt: Neben einem Grundriss der Alten Sakristei kann man dort Namen aus einer Liste auswählen, das zugehörige Grab wird dann im Grundriss hervorgehoben. Besonders spektakulär ist das nicht – zumindest ein Porträt des jeweiligen Medici oder ein Bild des Grabes könnte man durchaus erwarten, wenn schon krampfhaft auf moderne Vermittlungs-Medien gesetzt wird. Doch als einziger visueller Reiz muss an dieser Stelle eine schlecht belichtete Fotografie der Alten Sakristei herhalten, die beinahe bis zur Unkenntlichkeit verpixelt hinter dem Touchscreen-Tisch aufgestellt ist. Den wohl spektakulärsten Bestandteil der Ausstellung bilden die Ergebnisse der Exhumierung von Anna Maria Luisa de' Medici, welche die Reiss-Engelhorn-Museen selbst in Zusammenarbeit mit der Florentiner Universität im Oktober vergangenen Jahres durchgeführt haben. Präsentiert werden sie mithilfe eines Videos der Exhumierung und Info-Texten zu verschiedenen wissenschaftlichen Methoden. Auch hier gelingt das Konzept nur im Ansatz – für eine wirklich interessante Aufmachung fehlen konkrete Informationen, die hier vermittelten Erkenntnisse werden später nicht mehr aufgegriffen. So ergeht es zum Beispiel der im Zusammenhang mit der Exhumierung knapp erläuterten Rekonstruktion von Gesichtszügen anhand eines Schädels. Der Gang durch die Ausstellung führt an unzähligen Schädelabgüssen (und ein paar vereinzelten Originalen) vorbei, die trotz Beschriftung recht nichtssagend bleiben. Nur an einer Stelle wird der Schädel durch eine Gesichts-Rekonstruktion ergänzt, die ihm ein Stück seiner Anonymität nimmt – auf das moderne Make-up hätte man allerdings verzichten können. Die Schädelabgüsse bilden gleichzeitig den einzigen Roten Faden der Ausstellung. Zahlreiche Stammbäume, die an mehr oder weniger prominenter Stelle in den Räumen angebracht sind und diese Funktion offenbar erfüllen sollten, bleiben aufgrund fehlender visueller Reize leider trockenes Beiwerk, zu dessen Lektüre sich kaum ein Besucher überwinden kann. Im weiteren Verlauf der Ausstellung wird das Augenmerk wie eingangs versprochen auf die menschliche Seite der Medici gelegt. So zeigen zahllose Knochen die Verletzungen und Krankheiten, die im wahrsten Sinne des Wortes hinter dem prunkvollen Äußeren liegen. Ausstellungsstücke sind jedoch nicht die Medici-Knochen selbst, sondern Äquivalente mit ähnlichen Schäden, meistens aus dem 19. Jahrhundert. Den Abschluss bildet schließlich wieder Anna Maria Luisa de' Medici, deren Schädel – ausnahmsweise kein Abguss, sondern ein 3D-Druck – gemeinsam mit einer Nachbildung des Kurhutes ihres Mannes, mit dem sie bestattet wurde in einer Vitrine neben dem Ausgang ausgestellt ist. Die beiden Exponate, die der Ausstellung einen mehr oder minder gelungenen runden Abschluss verleihen, werden hinterfangen von einem gigantischen Papier-Kleid, das die belgische Künstlerin Isabelle de Borchgrave anhand eines Porträts rekonstruiert hat und dessen Berechtigung, an solch prominenter Stelle präsentiert zu werden, sich nicht ganz erschließt. Insgesamt wird die Ausstellung ihrem Anspruch, die menschlichen Seiten der Medici-Dynastie zu beleuchteten, inhaltlich gerecht. Die Präsentation der Exponate könnte jedoch ansprechender und besser strukturiert sein, Exhumierung und wissenschaftliche Methodik kommen nach der Einführung etwas zu kurz.
Die Medici – Menschen, Macht und Leidenschaft |