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Klecks und Klang
12.05.2013
John Grant: Pale Green Ghosts 4 von 5 rupis: The Importance of not being Ernest John Grant ist bis dato eher fĂŒr Alternative Rock (als Frontmann der Czars) und 70er Soft Rock (mit seinem SolodebĂŒt âQueen of Denmarkâ) bekannt. Auf seinem neuen Album âPale Green Ghostsâ erweitert er seine musikalische Palette um dunklen Electronica. âPale Green Ghostsâ, der beeindruckende Opener des gleichnamigen Albums, beginnt mit Driveâschem Minimalismus und durchlebt im Laufe seiner sechs Minuten Momente voller Woodkid-Pathos, Gloria und Unbehagen. Es ist der standout track des Albums, die Art Single, die Fans und Kritiker dreimal nachschauen lĂ€sst, ob es sich wirklich um denselben Musiker handelt, der so zarte Songs wie âFirefliesâ geschaffen hat. Zusammen mit âBlackbeltâ, seinem lockereren und tanzbareren Gegenpart, ist âPale Green Ghostsâ auch das erste StĂŒck, das Grant mit Biggi Veira von der islĂ€ndischen Electro-Band Gus Gus aufgenommen hat. Diese Zusammenarbeit zieht sich durch das ganze Album â die HĂ€lfte der Lieder ist Electro(pop), der Rest zumindest mit Synthesizern unterlegt. Wo keine Elektronik herrscht, verfĂ€llt Grant in gewohnte Soft Rock Muster. Was den Songs gemeinsam ist, sind die Texte, die sich wie schon auf âQueen of Denmarkâ um Grants Privatleben drehen. Mal provokant, meist sardonisch, singt er von sehr persönlichen Themen: seiner HomosexualitĂ€t, seiner religiösen Familie, einer in die BrĂŒche gegangenen Liebesbeziehung. Sein gröĂter Trumpf ist dabei sein beiĂender Humor. Durch sarkastische Kommentare in ansonsten tieftraurigen Texten hĂ€lt der bĂ€rtige Amerikaner seine Hörer immer in der Schwebe zwischen Lachen und Weinen. Oft wirkt er dabei von Selbstzweifeln zerfressen, etwa auf âWhy Don't You Love Me Anymoreâ: âI am ashamed âcause I donât know myself right now / and I am 43.â Oder auch: âI still keep trying to figure out how I became irrelevant.â Die Frankfurter Rundschau hat Grant unlĂ€ngst als âKammersĂ€nger des Masochismusâ bezeichnet â besser kann man es kaum sagen. Der Einzige, der dieser Beschreibung noch etwas hinzuzufĂŒgen hat, ist der KammersĂ€nger selbst. Auf dem Kraftwerk-meets-Bonaparte-Tanzhit âSensitive New Age Guyâ singt er: âShe had a special way of preaching glamour mixed with doom.â Wenn auch ungewollt, trifft Grant damit den Kern seiner eigenen Musik. Der Cocktail aus Tanz, Trauer, hellen âAny Colour You Likeâ-Synths und dunklen Industrial-Anleihen (âWhy Don't You Love Me Anymoreâ) ist im besten Sinne verstörend. UnbestĂ€ndigkeit ist zugleich jedoch die gröĂte SchwĂ€che von âPale Green Ghostsâ. Fast jeder Song ist einzeln betrachtet ein kleines Meisterwerk â doch wo ist das GefĂŒhl eines groĂen, meisterhaften Albums? Nach den ersten zehn Minuten kaltem Electropop kommt der Temperatursturz zu warmem Soft Rock einfach zu krass. Der Tiefpunkt liegt im Wechsel von âErnest Borgnineâ, einem weiteren Höhepunkt, das an den potentiell homophoben, letztes Jahr verstorbenen Schauspieler adressiert ist, zu âI Hate This Fucking Townâ â da hilft auch der ironische Walzertakt in letzterem Lied nicht viel. Bei jedem zweiten Song schlĂ€gt die Stimmung um und Grant seinen Hörern auf den Magen. âPale Green Ghostsâ ist am besten in HĂ€ppchen zu genieĂen, je nach Stimmung. Mit ein bisschen Selektion finden Electro- und Balladen-Affine gleichermaĂen Gefallen an dem Album. Alle anderen können sich die Texte von Grants zwei Alben wunderbar als Gedichtband binden lassen.
Zum Abschluss â sie sind einfach zu schön â noch ein paar von Grants Textzeilen: âRemember how we used to fuck all night long? / Neither do I because I always passed out.â âTake Picasso, Aldo, Dicks and add some Salvador DalĂ / accompanied by Wagner plus some public enemy / She isn't any of these six and she would never want to be.â âWhat they want is commonly referred to as theocracy / and what that boils down to is referred to as hypocrisy.â |