Dies ist ein Archiv der ruprecht-Webseiten, wie sie bis zum 12.10.2013 bestanden. Die aktuelle Seite findet sich auf https://www.ruprecht.deruprecht/Schlagloch-doppelkeks-Jubiläum
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Heidelberg
02.11.2006
Klein-Amerika in Heidelberg Der ruprecht wirft einen Blick hinter den Kasernenzaun Das Security-Personal an einem der Tore zur Parallelwelt spricht Englisch und KurpfĂ€lzisch. Ohne Ausweiskontrolle darf keiner den Eingang passieren. Dennoch betreten wir nicht amerikanischen Boden: Das Gebiet in Rohrbach gehört der Bundesrepublik Deutschland, die es der US-Armee unentgeltlich zur VerfĂŒgung stellt. Das Security-Personal an einem der Tore zur Parallelwelt spricht Englisch und KurpfĂ€lzisch. Ohne Ausweiskontrolle darf keiner den Eingang passieren. Dennoch betreten wir nicht amerikanischen Boden: Das Gebiet in Rohrbach gehört der Bundesrepublik Deutschland, die es der US-Armee unentgeltlich zur VerfĂŒgung stellt. Rund 55.000 US-Soldaten sind mit ihren 75.000 Familienmitgliedern in Deutschland stationiert. In Heidelberg und Umgebung sind seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs rund 6,4 Quadratkilometer vom US-MilitĂ€r besiedelt. 1952 wurde zusĂ€tzlich eine NATO-Einheit gegrĂŒndet, die eng mit der amerikanischen Armee zusammenarbeitet. Bis heute haben US Army Europe, Seventh Army und die NATO-Einheit in Heidelberg ihr Hauptquartier mit ein und demselben Chef. Etwa 16.000 Menschen beschĂ€ftigt dieses GroĂunternehmen, darunter 4.200 Soldaten und 7.300 Angehörige. Unser Begleiter Bruce Anderson holt uns am Tor ab und bringt uns zu Colonel Lewis Boone, Chef der Presseabteilung. Boone ist bereits zum dritten Mal in Deutschland, 1968 hat er als ZehnjĂ€hriger Antikriegsdemos in Heidelberg miterlebt. Heute ist es ruhiger auf den StraĂen. Dennoch fĂŒhlt sich der kernige Colonel in Deutschland unsicherer als in seiner Heimat. Seiner Ansicht nach leben wir in der ânew realityâ, deren Hauptbestandteil das weltweite Terrornetzwerk ist, weshalb auch in Rohrbach Konsequenzen gezogen wurden: Seit 2003 umgeben etwa vier Meter hohe ZĂ€une Kasernen und Wohnblocks, selbst SpielplĂ€tze und die Kirche sind von der Umgebung abgeschnitten. Wenn der Colonel ĂŒber die Zeit nach dem 11. September spricht, dann im Brustton der Ăberzeugung, dass die Welt sich seither komplett verĂ€ndert habe. Deutschland ist deshalb immer noch ein strategisch wichtiger Punkt in Europa, vor allem wenn es um EinsĂ€tze im Nahen Osten geht. In nĂ€herer Zukunft ist jedoch der Abzug, zumindest aus Heidelberg, geplant. Der 23-jĂ€hrige Matthis Chiroux kommt sich in seiner Berufskleidung durchsetzungsfĂ€higer vor als in Zivil. In die Armee ist er vor vier Jahren eingetreten, um sich spĂ€ter sein Studium finanzieren zu können. Wie die meisten Klein-Amerika in Heidelberg seiner Kameraden wurde er ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland verlegt, hat hier aber Freunde gefunden, mit denen er sich ab und zu im Marstall auf ein Bier trifft. Einige Male verschwindet er, um das Ăberwachungspersonal davon zu unterrichten, dass fotografiert wird. Es dĂŒrfen zwar nur strategisch unbedeutende Punkte wie der Spielplatz vor dem Haus ins Visier genommen werden, dennoch ertönt ein Warnruf aus einem Fenster: âWhat are you doing?â Nach der knappen ErklĂ€rung Andersons dĂŒrfen wir dann doch knipsen. |