19.06.2007
Ungewisse Rechtslage für Lektoren
Zwei Romanistikdozenten erst nach Klage eingestellt
An einem Tag Anfang Mai wartete der Kurs"Landeskunde" des Romanischen Seminars vergeblich auf seinen Dozenten. Dies war kein Einzelfall: Auch andere Seminare fielen aus, da zwei Dozenten ihre Lehrtätigkeit von einem Tag auf den anderen aufgeben mussten.
Obwohl diese zunächst nur eine mündliche Zusage für ihre Verträge erhalten hatten, begannen sie, der Studenten wegen, pünktlich mit ihren Kursen. Als nach drei Wochen klar wurde, dass es keine Verträge geben würde, stellten sie ihre Lehrtätigkeit wieder ein. "Wir waren schockiert als wir den Aushang sahen, dass die Kurse ab sofort nicht mehr stattfinden", so eine betroffene Studentin.
Nach einer Klage vor dem Arbeitsgericht Heidelberg konnten sich die Lektoren jedoch mit der Uni auf einen Vergleich einigen, sodass sie ihre Arbeit Anfang Juni wieder aufnehmen konnten.
Handelt es sich nur um Einzelfälle?
Anscheinend gibt es einen Bezug zum Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG), nach dem Lektoren eingestellt werden. Das Gesetz erlaubt keine mehrmals aufeinander folgenden befristeten Beschäftigungen beim gleichen Arbeitgeber, in diesem Fall dem Land Baden-Württemberg. "Ein Lektor mit mehreren Vorverträgen aus einem anderen Bundesland, zum Beispiel aus Bayern, macht keine Probleme", so Frank Tannenberger von der Zentralen Universitätsverwaltung (ZUV).
Den Fall der beiden Dozenten stuft er nach mehrfacher Nachfrage jedoch als "Einzelfall" ein, der mit den Paragraphen des Teilzeitbefristungsgesetzes nicht eindeutig in Verbindung gebracht werden könne. Es kann an dieser Stelle nur vermutet werden, dass die ZUV den Verlauf einer Klage in Tübingen abwartet, die einen Präzedenzfall schaffen soll. Bis zum Redaktionsschluss lag der Redaktion keine klare Aussage der ZUV vor.
Die betroffenen Lektoren des Romanischen Seminars hatten beide das Pech, schon einmal einen befristen Vertrag beim Land Baden-Württemberg unterschrieben zu haben. Nachvollziehbar in dem Fall des einen Lektors, der gleichzeitig an der Uni Mannheim lehrt, "völlig hanebüchen" dagegen im zweiten Fall, so Prof. Frauke Gewecke. Der betroffene Lektor hatte zuvor nur als HiWi in der institutseigenen Bibliothek gearbeitet. Auch Prof. Edgar Radtke leuchtet diese Logik keineswegs ein.
Keine Verbesserung der Lehre
Abgesehen von dem Dilemma, dass alle HiWis Baden-Württembergs im Moment wohl keine Aussicht auf eine Erstanstellung als Lektor haben, besteht ein Problem mit aus Studiengebühren neu geschaffenen Lektorenstellen. Diese dürfen nur für ein, maximal zwei Jahre besetzt werden aber eben nicht unbefristet. Nicht zuletzt wird dies auch von den Instituten begrüßt, denn eventuell schlecht evaluierte Lehrinhalte können auf diese Weise schnell wieder gestrichen werden; gleichzeitig wird so immer wieder neuer Platz für den Lektorennachwuchs geschaffen.
Zwei Bedingungen sollten also den neuen Lektor auszeichnen: Seine Lehrerfahrung sollte er außerhalb Baden-Württembergs gesammelt haben und außerdem Interesse an einem nur einjährigen Arbeitsverhältnis zeigen. Professor Radtke sieht die Qualität der Lehre in Gefahr. "Wir nehmen, wen wir kriegen", gibt er zu und hat schon mal in Rheinland-Pfalz an der Uni Germersheim nach Lektoren gefragt.
Auch Professorin Gewecke sieht die Motivation junger Dozenten gerade aus dem Ausland schwinden. "Aus Spanien kommt keiner für ein Jahr", gibt sie zu bedenken. Eine Verbesserung der Lehre bietet das aus Studiengebühren finanzierte "Nomadenlektorat", so Radtke, also nicht.
von Andrée René, Carolin Geiger, Cosima Stawenow, Jenny Genzmer