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 Feuilleton
15.05.2007

Beruf? Liedermacher!

Von alten Barden und neuen Monstern - die Szene lebt

„Tot sind unsre Lieder, unsre alten Lieder“, klagt der Liedermacher Franz Josef Degenhardt noch in den 60ern. Eine Liedermacher szene beginnt sich in Deutschland erst circa 20 Jahre nach Auschwitz zu entwickeln. Deutsche Lieder zu singen galt bis dato als barbarisch: Die Nazis hatten viele Volkslieder für ihre Propaganda missbraucht.

„Tot sind unsre Lieder, unsre alten Lieder“, klagt der Liedermacher Franz Josef Degenhardt noch in den 60ern. Eine Liedermacher szene beginnt sich in Deutschland erst circa 20 Jahre nach Auschwitz zu entwickeln. Deutsche Lieder zu singen galt bis dato als barbarisch: Die Nazis hatten viele Volkslieder für ihre Propaganda missbraucht.

Jahrzehnte lang gab es eine Scheu, eigenes Liedgut zu singen und man empfand es als peinlich. Dann, 1964, treffen sich junge Lyriker und Sänger aus dem Kreis der bündischen Jugend, von denen einige während des Dritten Reiches Widerstand geleistet hatten, im Südwesten Deutschlands auf der Burgruine Waldeck zum Festival „Chanson Folklore International“.

Das „deutsche Woodstock“ ist heute zur Legende geworden. Bis 1969 fanden jährlich Festivals statt. Viele Karrieren der noch heute erfolgreichen Liedermacher haben dort begonnen. Der Umbruch der 1968er war zu spüren – engagierte deutsche Lieder waren wiederbelebt. Ein Liedermacher, was ist das eigentlich genau? Die Vorstellungen reichen vom bärtigen Barden mit Wandergitarre bis zum Müsli essenden langhaarigen Protest-Sänger.

Die „alten Barden“ Wecker, Mey und Hoffmann sind heute vielen bekannt, aber ansonsten? Der Begriff selbst stammt aus den Zeiten der Protestbewegung der 60er Jahre. Er wurde geprägt von Wolf Biermann, der sich in Anlehnung an Bertolt Brechts Bezeichnung „Stückeschreiber“ so nannte. „Liedermacher“, das ist im deutschen Sprachgebrauch ein Sänger, der Musik und Texte selbst schreibt. Der seine Lieder selbst vorträgt. Der das Instrument dazu – meist Gitarre oder Klavier – selbst spielt. „Ein Stück Musik von Hand gemacht“ eben.

Die Lieder sind sparsam arrangiert, und die Textaussage des Sängers steht dabei im Vordergrund. Sie ist also wichtiger als seine rein musikalischen Fähigkeiten. Dabei wird die Gesellschaft kritisch beäugt, es werden zweifelhafte Errungenschaften, die das moderne Leben mit sich bringt, beklagt, aber auch ganz persönliche Erfahrungen besungen. Auch die Politiker bekommen ihr Fett  weg. Die Vielfalt innerhalb der Sparte „Liedermacher“ ist dabei groĂź: Sie reicht von reinen Geschichtenerzählern wie Reinhard Mey oder Klaus Hoffmann ĂĽber Liedermacher, die Lyrik vertonen (z.B. Hans-Eckardt Wenzel), bis hin zu Mundartsängern wie Knut Kiesewetter.

Hannes Wader fragt in einem seiner Lieder: „[…] wird es nach uns wohl noch jemanden geben / der, wenn unser Gesang erst für immer verklingt, noch unsere Lieder singt?“ Die Antwort darauf gibt eine Szene, die sich „Liedermaching“ nennt. In ihr vereinen sich die (noch) weniger bekannten, aber keineswegs weniger guten Liedermacher unserer Zeit. Und wenn sie auch nicht genau die Lieder der alternden Liedermacher singen, so ist es dennoch die Art und Weise, wie sie ihre Weltanschauungen vortragen, die sie als Liedermacher charakterisiert. Es sind meist junge, engagierte Leute, die Erfüllung darin sehen, sich auf jede noch so kleine Bühne zu stellen, und den Wunsch hegen, mit ihrer Musik die Welt ein kleines Stück besser zu machen.

In Heidelberg haben sich unter anderem „Unkraut-Liedermaching“, Dominik Gentner (siehe ruprecht Ausgabe 93) und Bernhard Bentgens in der Szene einen Namen gemacht und touren kreuz und quer durch das Land , ganz im Stile des „Wanderbarden“. Kann man nun heute w irk lich von einem „Revival“ der Liedermacher sprechen? Viele streiten das ab. „Man kann doch nichts wiederbeleben, das über Jahrzehnte hinweg immer lebendig war“, äußert sich dazu ein Experte im Internet. Liedermacher sind schwerlich einer bestimmten Jugendkultur, Mode- oder Musikströmung zuzuordnen. Sie waren einfach immer da.

von Lena Heinzmann, Robert Weidlich
   

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