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 Hochschule
15.05.2007

Die vergessenen Kinder

Selbsthilfe fĂĽr Kinder psychisch kranker Eltern

Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem psychisch kranken Elternteil werden in der Gesellschaft generell wenig beachtet. Meist geraten sie erst ins Blickfeld, wenn sie selbst psychische Störungen aufweisen, Probleme in der Schule auftreten oder das Jugendamt intervenieren muss.

Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem psychisch kranken Elternteil werden in der Gesellschaft generell wenig beachtet. Meist geraten sie erst ins Blickfeld, wenn sie selbst psychische Störungen aufweisen, Probleme in der Schule auftreten oder das Jugendamt intervenieren muss.

Sie werden oft mit Fragen und Nöten, ihren Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen alleine gelassen. Eine Mauer des Schweigens umgibt diese Kinder; oft sind sie isoliert. Die traumatischen Erlebnisse der Kindheit verfolgen die meisten Betroffenen fast das ganze Leben lang.

Jetzt gibt es in Heidelberg die Selbsthilfegruppe „Erwachsene Kinder psychisch kranker Eltern“ (eKpkE). Bei den regelmäßigen Treffen in Räumen der Uni-Klinik Heidelberg können sich die Beteiligten über die eigene Situation austauschen. Die Wahrnehmung der eigenen Persönlichkeit fern von Stigma und Vertuschung ist wichtig für ihr Selbstverständnis. Erst dann lernen sie, mit ihrer vollständigen Identität zu leben. Gleichzeitig ist Anonymität der Gruppe und ihrer Mitglieder oberstes Gebot.

Die Gruppe hat sich gegründet, um dem ausgebliebenen Hilfsangebot in der Kindheit die Selbsthilfe entgegen zu setzen. „Kontakte mit anderen Kindern psychisch Kranker helfen, sich als das zu erkennen, was man ist: Ein Kind psychisch kranker Eltern“, erklärt ein Student, der in der Selbsthilfegruppe aktiv ist. Diese Erkenntnis ist zentral, da in der Regel ein Verdrängungsprozess stattfgefunden hat, der sich fortsetzt. Man muss erkennen, dass man zutiefst verletzt wurde. Es fällt jedem Kind schwer zu akzeptieren, dass ein Elternteil, von dem es eigentlich Liebe erwartet, diese durch die psychische Krankheit nicht mehr geben kann.

Zudem fehlt es an Sicherheit und Geborgenheit. Dass in der eigenen Familie etwas nicht stimmt, wird verdrängt. Damit geht der Kontakt zu anderen und zu sich selbst verloren. „Diese Kinder bekommen wenig Unterstützung. Sie haben Probleme mit Stressbewältigung und müssen früh Verantwortung übernehmen. Sie erfahren viel Belastung im Kontext ihrer Erziehung und das kann auch später zu Problemen führen“, erklärt Dr. Christiane Hornstein, Leiterin der Mutter-Kind-Station des psychiatrischen Zentrums Nordbaden.

Der Erfahrungsbericht eines Studenten bestätigt, dass eine psychisch kranke Mutter viel Stress bedeutet: „Meine Mutter kam häufig nachts in mein Zimmer und schrie, weinte oder drohte mit Selbstmord.“ Neben der unerträglichen Verletzung der Privatsphäre, stellte sich die belastende Frage der Ungewissheit: Was kommt als Nächstes? Ist das einer der Gründe, warum ich noch heute in der Nacht aufwache? „Wenn ich bedenke, dass ich jahrelang quasi so geschlafen habe, als hätte ich am nächsten Tag Prüfung, dann wird mir klarer, warum ich oft müde und anfällig für Erkältungen war.“

 Viele Betroffene trauen sich nicht, ĂĽber ihre Probleme zu sprechen. Ein Betroffener sagt: „Viele versuchen, alleine mit sich klar zu kommen, doch Ă„ngste und GefĂĽhle der ständigen Ăśberforderung machen einen nicht glĂĽcklich.“

von Moritz Damm
   

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