15.05.2007
Münchner „Spitzel-Uni“?
Verfassungsschutz und Unis arbeiten zusammen
Anfang März schickte die Ludwig-Maximilians-Universität München eine Rundmail an alle Angestellten: Studenten und Kollegen, die sich durch einen „Bruch im Lebenswandel, Gewaltbereitschaft, radikal-verbale Äußerungen oder Beschäftigung mit einschlägiger Literatur auffällig in Richtung islamischer Fundamentalismus verändern“, sollten der Universitätsleitung gemeldet werden, damit diese den Verfassungsschutz über die potenziell terroristischen Umtriebe informieren könne.
Anfang März schickte ein Mitarbeiter der Ludwig-Maximilians-Universität München, seines Zeichens „Ansprechpartner“ für den bayerischen Landesverfassungsschutz, eine Rundmail mit folgendem Inhalt an die Angestellten der Universität: Studenten und Kollegen, die sich durch einen „Bruch im Lebenswandel, Gewaltbereitschaft, radikal-verbale Äußerungen oder Beschäftigung mit einschlägiger Literatur auffällig in Richtung islamischer Fundamentalismus verändern“, sollten der Universitätsleitung sofort gemeldet werden, damit diese den Verfassungsschutz über die potenziell terroristischen Umtriebe informieren könne.
Während die hysterische Wortwahl beim Personal eher amüsierte Gleichgültigkeit auslöste, entbrannte in der Öffentlichkeit eine hitzige Diskussion über „IM Hochschule“ und „Spitzel-Unis“. Nach einigen Tagen ruderte die Universitätsleitung zurück und bedauerte das „Missverständnis“.
Hintergrund ist ein Beschluss der Innenministerkonferenz der Länder und des Bundes vom November 2006, nach dem eine „Sensibilisierung“ der Hochschulen geplant ist sowie eine „Zusammenarbeit zwischen diesen und den Sicherheitsbehörden im Sinne einer Sicherheitspartnerschaft unter gegenseitiger Benennung von Ansprechpartnern“.
In Bayern ist die Umsetzung des IMK-Beschlusses am weitesten vorangeschritten, nachdem schon im Januar eine gegenseitige Kooperation vereinbart wurde. Der Ansprechpartner beim Verfassungsschutz versorgt die der jeweiligen Hochschulen mit Fachwissen und Gefahrenmeldungen. Diese sollen im Gegenzug verdächtige Personen und Aktivitäten an die Behörde melden.
Rainer Riedl vom bayerischen Innenministerium verwies darauf, dass die Verantwortlichen der fehlgeschlagenen Kofferbombenattentate vom Sommer 2006 aus dem studentischen Umfeld stammten. Oft werde der Studentenstatus „nur als Deckmantel“ benutzt. Die Hinweise der Unis würden genauso geprüft wie Meldungen über die sog. „Hinweistelefone“, die es für Otto Normalmelder schon seit Jahren gibt. Dass Mitarbeiter missliebige muslimische Kollegen anschwärzen könnten, lässt Riedl nicht gelten: „Ich würde das Missbrauchspotential nicht zu hoch hängen.“
In Baden-Württemberg will man keine so enge Kooperation wie in Bayern. Nach einer Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes haben die Unis aber bereits seit 2005 die Pflicht, von sich aus Informationen über verfassungsfeindliche oder sicherheitspolitisch relevante Aktivitäten weiterzuleiten. Gleichzeitig kann das Landesamt auch eine „Auskunft“ darüber bei einzelnen Hochschulen einfordern.
Insgesamt sehen die Regelungen nicht danach aus, als würde die „Überwachungs-Uni“ Realität. Allerdings war in den Plänen auch nicht vorgesehen, dass einzelne Beteiligte hysterisch werden und das Klima an ihrer Uni vergiften. In Heidelberg ist zumindest noch alles ruhig.
von Marcel Bertsch