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27.11.2007

Von Helmut Schmidt und klavierspielenden Katzen

Die Videoplattform Youtube und ihr kulturelles Potential

Angefangen hat die Internetplattform Youtube als Spielwiese für alle, denen das Fernsehen zu eintönig war. Youtube war der bitgewordene Traum aller Anarchisten mit Hang zur Selbstdarstellung - und das ist die Seite bis heute.

Angefangen hat die Internetplattform Youtube als Spielwiese für alle, denen das Fernsehen zu eintönig war. Youtube war der bitgewordene Traum aller Anarchisten mit Hang zur Selbstdarstellung - und das ist die Seite bis heute.

Doch die Breitenwirkung des 2005 gegründeten Videoportals hat Vielfalt und Qualität der eingestellten Videos dramatisch gesteigert. Nicht nur engagierte Privatpersonen erlauben dem Publikum etwa mit Heidegger eine Wanderung zu unternehmen, sondern auch Anbieter wie der arabische Nachrichtensender Al Jazeera nutzen Youtube für die Verbreitung ihrer Formate: Alle Filme bis elf Minuten sind kostenlos, was darüberhinaus geht, wie zum Beispiel vollständige Diskussionsrunden, kosten den Anbieter Geld.

Auf diese Weise entwickelt sich die Seite immer mehr zu einer Art kulturellem Gedächtnis. Vom neuesten Video der "Pussycat Dolls" zum kettenrauchenden und -schnupfenden Altkanzler Schmidt, der bei der US-amerikanischen Talk-Ikone Charlie Rose auf Englisch parlierend seine Sicht des Weltgeschehens darlegt, sind es nur ein paar Tastenanschläge. Eine Zahl kann die Bereitenwirkung leichter greifbar machen: Mittlerweile verursacht Youtube etwa ein Zehntel des gesamten Datenverkehrs im Internet. Tendenz, wie könnte es anders sein, steigend.

Mit der Vergrößerung des Publikums geht auch Missbrauch einher, da eine Kontrolle mit zunehmender Datenmenge selbstverständlich schwieriger wird. Und so finden sich gestern erst gesperrte Profile heute schon wieder online und palavern von jüdischer Weltverschwörung, Viertem Reich oder halten einfach nur ihren nackten Hintern in die Kamera. Die Zeiten, in denen die meisten politischen Beiträge Originalaufnahmen von Reichsparteitagen oder Musikvideos über Che Guevara waren, sind nicht zuletzt aufgrund der Professionalisierung mittlerweile jedoch vorbei. Charlie Rose allein ist in über 3800 Interviews von etwa einstündiger Länge zu sehen.

Trotz dieses Wandels bleibt festzuhalten, dass Youtube, wie auch die wachsende Anzahl seiner Nachahmer, eine große Menge jener bizarren Inhalte bietet, die man aus den ersten Fernsehreportagen kennt, die anfangs der staunenden Mehrheit der Gesellschaft dieses Phänomen nahezubringen versuchten. Und auch wenn wichtige ernsthafte Medien wie spiegel.de oder faz.net immer häufiger auf Youtube verweisen, bleibt die Plattform urdemokratisch; was bei allen qualitativen Ambitionen im Grunde genommen auch richtig ist. Denn auch klavierspielende Katzen gehören zum kulturellen Gedächtnis.





von Stefan Dworschak
   

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