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Narrenfreiheit
Lilo Wanders ist Reinhardts Hobby
Vor 14 Jahren lief erstmals die Erotikshow "Wa(h)re Liebe" mit Ernie Reinhrdt alias Lilo Wanders. Seit 2004 ist Schluss, jetzt ist Lilo mit dem Bühnenprogramm "Sex ist ihr Hobby" unterwegs. Die Zwei-Meter-Blondine genießt ihre Narrenfreiheit - nur einen Fehler darf auch sie nicht machen.
Vor 14 Jahren lief erstmals die Erotikshow "Wa(h)re Liebe" mit Ernie Reinhardt alias Lilo Wanders. Seit 2004 ist Schluss, jetzt ist Lilo mit ihrem Bühnenprogramm "Sex ist ihr Hobby"; unterwegs. Nach etlichen Sendungen Erotik-Talk und ungezählten Beiträgen über Sexualität genießt die Zwei-Meter-Blondine dabei quasi Narrenfreiheit - nur einen Fehler darf auch sie nicht machen.
Lilo darf sich auf ihren Lorbeeren ausruhen. Und Lilo darf sich wiederholen. Den Abend füllt, wie sie selbst sagt, ein Nachklatsch zu zehn Jahren "Wa(h)re Liebe". Einspieler origineller Beiträge, Best-Offs und Pannen-Galerien sind bestimmt kein Ergebnis ausufernder Phantasie und Arbeitszeit. Aber da Lilo mit der Rolle, die sie in der Show gespielt hat, quasi verschmolzen ist (ja, es gab Lilo Wanders vor "Wa(h)re Liebe"), hätte wohl niemand etwas anderes erwartet als etwas, das ins bekannte Schema passt.
Lilo darf auch obszön sein. Natürlich darf sie das! Wer wahrscheinlich alle im deutschen Sprachraum verbreiteten Wörter für das männliche Geschlechtsorgan kennt, dem lastet niemand die eine oder andere Wendung im Jugendjargon an. Und trotzdem hält sich Lilo meist zurück. Die Frau, die sich selbst als "bei aller Witzelei sehr ernsthaft" bezeichnet, hat auf der Bühne tatsächlich ein sprachliches Niveau gefunden, das die Kommunikation mit dem Publikum - und die gibt es durchaus - auch über heikle Themen flapsig und unkompliziert, aber niemals peinlich, ermöglicht.
Lilo darf altern. Diejenigen Frauen im deutschen Fernsehen, von denen man das sagen kann, lassen sich wohl an einen Hand abzählen, und Lilo gehört dazu. Die fünf verschiedenen Kleider, die sie an diesem Abend trägt und die vom Camouflage-Look bis zum Kirschen-Print alle Extravaganzen abdecken, wirken ein, zwei Nummern größer als in früheren Sendungen; auch ihr Gesicht ähnelt heute dem Barbie-Verschnitt auf den Plakaten etwas weniger als man erwartet. Doch fällt das nicht negativ ins Gewicht, eigentlich gar nicht auf, während Lilo auf ihrer roten Chaiselounge über "den Sinn des Lebens" sinniert. Die Kunstfigur, die sie ist, hat sich über die Jahre hinweg zu einer Marke entwickelt, die gleichsam alterslos ist. Kein Problem also, dass ihr Alter auch niemandem bekannt ist.
Lilo darf sogar schlechte Witze machen. Denn sie nimmt nicht zu ernst dabei. Mag auch die Synchronisation eines Penisbruchs mit einer ploppenden Bügelflasche Bier nicht wirklich alle erheitert haben - wen stört es bei all den unoriginellen Blödeleien, die deutsche Stand-Up-Comedians zu weitaus unprekäreren Themen tagtäglich zum Besten geben. Und schließlich schafft es Lilo Wanders oft genug, ihr Thema elegant zu chiffrieren und humorvoll zu umschreiben, sodass trotzdem jeder weiß, was hier gesagt wird.
Lilo darf sogar auf der Bühne rauchen. Als Künstlerin ist sie vom Rauchverbot befreit.
Aber Lilo darf nicht langweilen. Und doch kann man nach gut zwei Stunden Cabaret, einigen Lachern und wenigen Peinlichkeiten nicht wirklich sagen, was den Abend nun grundlegend von einer langen Folge "Wa(h)re Liebe" unterscheidet. Etwas weniger Filmmaterial und zwei Gesangseinlagen vielleicht.