Dies ist ein Archiv der ruprecht-Webseiten, wie sie bis zum 12.10.2013 bestanden. Die aktuelle Seite findet sich auf https://www.ruprecht.deruprecht/Schlagloch-doppelkeks-Jubiläum
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01.07.2008
âI am your convoy, Sirâ Taxifahrten, Blaulicht und Pump-Guns: Wie sicher ist Mexiko-City? Unser Korrespondent Alexey Yusupov hat sich anlĂ€sslich der diesjĂ€hrigen Model United Nations Conference in Mexiko-City einmal umgeschaut und ein paar interessante Erkenntnisse ĂŒber die dortige Sicherheitslage gewonnen. Am 20. August 1940 durchbrach Jaime RamĂłn Mercader del RĂo HernĂĄndez den SchĂ€del seines Gastgebers und Lehrers Leo Trotzki mit einem Eispickel. Wenn man in Trotzkis Arbeitszimmer steht, dessen WĂ€nde durch Einschusslöcher markiert sind, kann man sich den Mord sehr bildhaft vorstellen. Das Haus, Trotzki von seiner Geliebten Frida Kahlo geschenkt, sieht von auĂen aus wie eine Festung, erhöhte Mauern, festmontierte Stahlschilder, die die Bewohner vor Kugeln schĂŒtzen sollten, zugemauerte Fenster, EisentĂŒren. Im Innenhof herrscht dagegen eine paradiesische Ruhe, einen harmonischeren Ort habe ich selten gesehen: PrĂ€chtige tropische Vegetation, ein leicht plĂ€tschernder Teich und schattige Ecken geben einem ein unvorstellbares SicherheitsgefĂŒhl. Ein trĂŒgerisches? Rund 600 Kriminaldelikte pro Tag - die Dunkelziffer liegt viel höher Ich kam nach Mexiko im MĂ€rz dieses Jahres, eingeladen als Mitglied des Heidelberger Teams bei der Model United Nations Conference. Meine Vorfreude auf die Reise wurde etwas ernĂŒchtert, je weiter ich mich ĂŒber die Sicherheitslage im Land informierte. Einerseits versicherten ReisefĂŒhrer und Blogs, das touristische Mexiko sei ein vollkommen ungefĂ€hrlicher und entspannter Aufenthaltsort, man dĂŒrfe lediglich den gesunden Menschenverstand nicht abschalten, andererseits warnte das AuswĂ€rtige Amt vor einer erheblichen Zunahme der KriminalitĂ€t, unter Anderem durch die Polizei und die SicherheitskrĂ€fte. TĂ€glich 600 Kriminaldelikte in der Hauptstadt (die Dunkelziffer wird viel höher angesetzt). Man konnte sich dem Eindruck nicht ganz entziehen, dass rĂ€uberische Banden, hinterhĂ€ltige Taxifahrer, korrupte Beamte, Drogendealer, Taschendiebe und weitere wenig angenehme Landsleute geradezu fieberhaft auf den nĂ€chsten naiven AuslĂ€nder warteten. Was aber der Wirklichkeit entsprach, galt es selbst herauszufinden. Blaulichter und Soldaten in den StraĂen: Alltag statt Ausnahmezustand Jeder von den Taxifahrern hat einen riesigen Lichtbildausweis mit ganz vielen Stempeln und Unterschriften, den sie mir ungefragt vor die Nase halten. Ich willige ein (mein erster groĂer Fehler, denn die wirklich autorisierten Taxis werden an einem Stand am Ende der Halle bestellt und sind vier mal billiger â sprich, ich werde letztendlich doch âausgeraubtâ) und werde zu einem riesigen SUV gefĂŒhrt. Auf dem Beifahrersitz sitzt ein lĂ€chelnder Mexikaner, der sich mit âI am your convoy, Sirâ vorstellt. Wir rasen in die Nacht. Unterwegs werde ich von den Beiden ausgefragt, was ich in Mexiko mache, ob ich hier schon jemanden kenne und wo ich denn ĂŒbernachten werde. Ich frage mich, ob sie nur freundlich sind oder Böses im Schilde fĂŒhren. Die Stadt wird erhellt von Blaulichtern, auf dem Standstreifen der Autobahn stehen LKWs, aus denen Soldaten springen und sich in Formation aufstellen. Ausnahmezustand, Krieg, Revolte? Wo gibt es denn bitte keine Taschendiebe? Die darauffolgenden zwei Wochen verlaufen auĂerordentlich angenehm. Die Mexikaner sind gastfreundlich, das Land wunderschön und die Schreckensgeschichten des AuswĂ€rtigen Amtes scheinen dem ĂŒbermĂŒdeten Gehirn eines hoffnungslos ĂŒberforderten Lateinamerika-Referenten zu entspringen. |