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 Feuilleton
10.11.2008

Schwere Zeiten für das Theater

Theaterrezension: Lilly Link oder schwere Zeiten für die Rev...

Mit „Lilly Link oder schwere Zeiten für die Rev...“ von Phillip Löhle inzenieren Orazio Zambelli (Regie) und Miriam Grimm den Presiträger des Heidelberg Stückemarjts 08 im Zwinger 1. Dabei bleibt nicht nur die Revolution auf der Strecke.

Mit „Lilly Link oder schwere Zeiten für die Rev...“ von Phillip Löhle inszenieren Orazio Zambelli (Regie) und Miriam Grimm den Preisträger des Heidelberger Stückemarkts 08 im Zwinger 1.

Lillys Freund Amoz (Daniel Stock) geht nach Amerika, denn er hat selbstentheddernde Knopfhörer erfunden. Lilly (Ute Braggröhr) kommt nicht mit, denn ihr Bruder sitzt in der Psychiatrie. Um die Wohnung zu behalten bittet Sie ihre Freundin Anne (Maria Prüstel) um Hilfe, doch die traut sich nicht, denn ihr Freund (Benjamin Hille), ein hipper Arbeitsamtvollstrecker ist fasziniert vom Amoz, den er als Erfüllung des amerikanischen Traums sieht.

Im Hintergrund die Erzählung von gemeinsamen Aktionen aus der Studentenzeit, als sich mehr gefühlter als bewusster Protest in Farbenfrohen Aktionen, viel zu schön um wahr zu sein.

Dazu ein verwirrter Verschwörungstheoretiker, ein ausgebeuteter Praktikant, Lillys kreuzworträtselnde Eltern, denn die Haare ausfallen und ein Selbstmörder, der sich doch lieber zum Essen einladen lässt. Die Emotionen wechseln schnell, vom Lächerlichem ins Beklemmende, doch Lillys Zerbrechen, das am Ende nicht ohne Matsch und Kunstblut auskommt, wird nicht nachfühlbar.

Die Symbolhaftigkeit vieler Szenen bleibt zu offensichtlich, beispielsweise wenn Lilly Amoz vor dem Abflug mit Paketband an seine zertrümmerte Umzugskiste fesselt, die kaum mehr als eine Zahnbürste enthält. Die Schauspieler schaffen es jedoch zum Glück teilweise die Rollen mit Leben zu füllen, auch wenn die Charaktere flach und holzschnittartig wirken. Oft entwickelt sich eine Situationskomik, die das Premierenpublikum mit vorsichtigem Lachen annimmt.

Man merkt zu schnell: hier wird gesellschaftskritisches Theater gespielt. Und weil Gesellschaftskritik dieser Tage ziemlich diffus ist, muss wohl das entsprechende Theater auch so sein. Ein wenig Hartz-IV-Unmenschlichkeit, die Praktikumsmisere, romantische RAF-Anklänge und die antiquierte Froschzaun Metapher für Alibi-Weltverbesserer. Penetrant drängt sich die alte Geschichte von den vergessenen Idealen als Überthema auf, mehrfach fällt der Verratsvorwurf.

Doch gab es überhaupt Ideale? „Wir sind da rein gerutscht. Ich weiß, so was macht man nicht aus Versehen, wir schon.“ meint Amoz. Und Lilly? Die hatte immer die Bekennerschreiben geschrieben. „Würde des Menschen, arm und reich und so. war nicht besonders originell.“

Wenig Antworten, das wäre auch zu viel verlangt. Aber leider auch wenig neue Fragen.

von Johannes Eberenz
   

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