14.12.2009
Erneute Streikwoche
Wieder gingen bundesweit Studierende auf die Straßen
Im November veranstalteten Studenten und Schüler zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Bildungsstreikwoche. Mit Demonstrationen und aktuell andauernden Besetzungen machten auch Heidelberger Studenten auf die Bildungsmisere aufmerksam.
Im November veranstalteten Studenten und Schüler zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Bildungsstreikwoche. Mit Demonstrationen und aktuell andauernden Besetzungen machten auch Heidelberger Studenten auf die Bildungsmisere aufmerksam.
Mit Bannern, Trillerpfeifen und Kameras bewaffnet, trafen sich am 17. November rund 1500 Demonstranten an der Mensa im Neuenheimer Feld, um gemeinsam zum Universitätsplatz in der Altstadt zu ziehen. Mit Parolen wie „no border, no nation, free education“ machten sie ihrem Ärger Luft über die deutsche Bildungsmisere im Zuge von Bologna-Reform und G8-Abitur. Nach einer Kundgebung am Bismarckplatz, zogen die Bildungsstreikler die Hauptstraße entlang, bis sie am Uniplatz eintrafen. Nach der halbstündigen Abschlusskundgebung war der Spuk dann vorbei. Das Resümee der Streikenden: Gut, aber nicht gut genug. Sie wünschten sich mehr Teilnehmer, die sich wohl durch das schlechte Wetter hatten abschrecken lassen.
Im Vorfeld der Demonstration war es in Heidelberg schon Anfang November zur Besetzung eines Hörsaals in der Neuen Universität gekommen. Im „Freiraum 14“ konnten sich Interessierte über die Forderungen und Ziele der Studenten informieren. Das „Freiraum Café“ vor dem Hörsaal bot neben selbstgemachtem Eintopf auch die Möglichkeit an über Missstände im Bildungssystem zu diskutieren. Die Besetzung war mit dem Rektorat aber nicht abgesprochen, geschweige denn autorisiert worden. Anfang Dezember wurde ihnen deshalb nahegelegt, den besetzten Hörsaal zu räumen.
Gleichzeitig wurde in Neuenheim die Aula der alten Pädagogischen Hochschule in Beschlag genommen. „Funke an die PH weitergetragen“ ist auf der offiziellen Seite der Bildungsstreikbewegung zu lesen. Von außen mit einem unscheinbaren Banner behängt, ist in der PH dafür um so mehr los: Studenten aus verschiedenen Fakultäten sitzen in der geräumigen Aula, singen und trommeln. Zusätzlich gibt es, wie im „Freiraum 14“, Vorträge und Veranstaltungen.
Nicht ganz so friedlich waren die Proteste in Mainz und Stuttgart: Eine Gruppe der Bildungsaktivisten habe sich während einer Demonstration von der Masse abgesetzt und sei in das Landtagsgebäude eingedrungen. Landtagssprecher Dieter Lang zufolge hätten die Eindringlinge „Wände mit Parolen beschmiert“. In Stuttgart griffen Polizeibeamte die Demonstranten mit Schlagstöcken und Pfefferspray an, als diese, anders als geplant, sich über die ganze Straße verteilten.
Parallel zur Bildungsstreikbewegung werden nun auch Gegenstimmen immer lauter: „Bundesweit gegen den Bildungsstreik“ nennt sich eine Initiative, die sich Deutschlandweit hauptsächlich über Internetportale wie StudiVZ organisiert und klarstellt: „Bildung für alle? Da liegt sie doch, holt sie euch!“
Die offizielle Bildungsstreikwoche ist seit letzter Woche vorbei, doch mancher Student mag das Gefühl haben: Das ist noch nicht alles. Was passiert, wenn die Konferenz der Kultusminister keine nennenswerten Ergebnisse präsentiert? Wenn Bildungsministerin Annette Schavan weiterhin sagt, dass das Ausland blicke neidisch nach Deutschland, weil „wir mit Bologna schon so weit sind“? Dann wird es im kommenden Sommersemester wahrscheinlich weitergehen mit besetzten Hörsälen, trommelnden Studentenzügen und Beerdigungen diverser „Bildungsleichen“.
von Sara Sentpali