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 Interview
20.01.2009

„Ich bin ein Erlebnisanatom“

Plastinator Gunther von Hagens im ruprecht-Interview

An seiner Ausstellung Körperwelten scheiden sich die Geister: Gunther von Hagens spricht mit uns über die zu sehende Plastinaten-Zusammenstellung „Der Zyklus des Lebens“, seine Kritiker und was er mit Youtube am Hut hat.

An seiner Ausstellung Körperwelten scheiden sich die Geister: Gunther von Hagens spricht mit uns über die zu sehende Plastinaten-Zusammenstellung „Der Zyklus des Lebens“, seine Kritiker und was er mit Youtube am Hut hat.

ruprecht: Vor 32 Jahren haben Sie hier in Heidelberg ein Verfahren zur langfristigen Konservierung anatomischer Präparate erfunden. Was ist es für ein Gefühl, an die Geburtsstätte der Plastination zurückzukehren?

Gunther von Hagens: Ich bin glücklich und zufrieden. Ich staune, wie schnell die Zeit vergangen ist, aber auch wie viel erreicht wurde. Als ich mit der Plastination anfing, hatte niemand diesen Erfolg vorausgesagt.

In den letzten zehn Jahren haben Sie weltweit mehrere Körperwelten-Ausstellungen konzipiert. Was ist das Besondere an der neuen Ausstellung in Heidelberg?

Das Besondere ist, dass diese Ausstellung unter einem Thema steht. Mit dem Titel „Der Zyklus des Lebens“ erhält die Ausstellung eine höhere Aussagekraft, da die Präparate in ein Thema eingebunden werden und der Besucher zusätzliche wichtige Informationen über den menschlichen Körper erhält. Darüber hinaus sind die Exponate individueller und besser präpariert.

Wegen der kommerziellen Zurschaustellung von Leichen wurden Sie oft kritisiert. Wie antworten Sie ihren Kritikern?

Nichts in der Welt ist umsonst, auch nicht der Tod. Die billigste Art, eine Leiche der Ewigkeit anzuvertrauen, ist es zurzeit, sie der didaktischen Tätigkeit in der Ausstellung anzuvertrauen. Das Geld nehme ich von den Lebenden, die die sehen wollen, die sich bereitwillig in Szene setzen lassen. Insofern habe ich eine höhere demokratische Legitimation, als ein Universitätsanatom, der von Steuergeldern bezahlt wird.

Die Medien haben Ihnen den Namen „Dr. Tod“ gegeben. Stört Sie dieser Beiname?

Dieser Name ehrt mich. Das ist Boulevard. Ich bin ja Erlebnisanatom und mir gelingt es, den Tod an das Leben heranzuführen, indem ich ihn bändige. Ich habe der Anatomie und dem Tod Leben gegeben. Genauso gut könnte man mich „Dr. Leben“ nennen.

Verstößt die Ausstellung gegen ethische Grundsätze?

Die Stadt verwal tung übernimmt für diese Ausstellung die Funktion der Ethikkommission. Außerdem wird diese Aufgabe auch von der Presse und den Gerichten sehr genau wahrgenommen. Ich erinnere an das Urteil gegen den Spiegel, nicht mehr zu behaupten, ich hätte Hinrichtungsopfer in der Ausstellung stehen.

Wie ist ihr aktuelles Verhältnis zur Universität Heidelberg?

Perfekt! Ich bin der Heidelberger Universität sehr dankbar, dass ich an einer so großen Universität diese Freiheiten für meine Forschungen bekommen habe. Wenn Sie darauf anspielen, dass es da mal Zerwürfnisse gegeben hat, dann sehe ich die Universität als demokratisches Gebilde, in dem es verschiedene Meinungen gibt. Der Vorwurf des Titelmissbrauchs ist vom Tisch. Ich bin in vollem Umfang rehabilitiert.

Was war es für ein Gefühl, Teil des James-Bond-Films „Casino Royale“ zu sein?


James Bond ist Kult und öffnet die Herzen der Menschen. Wer kultureller Mainstream werden, das heißt die Anatomie massentauglich machen will, dem kann natürlich nichts Besseres passieren.

Sie sind nun 64 Jahre alt. Wann möchten Sie sich zur Ruhe setzen?

Ich bin überzeugt, dass ich, bis ich selbst als Plastinat ende, immer aktiv sein werde. Einige meiner Vorlesungen würde ich gerne ins Internet stellen und so meine Erfahrungen als Anatomie-Showmaster meinen Studenten vermitteln. Das geht heutzutage zum Beispiel sehr gut mit Youtube.

Gunther von Hagens, vielen Dank für das Gespräch.

von Elena Eppinger, Moritz Damm
   

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