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 Heidelberg
03.05.2010

Kollektive Raumgestaltung

Initiative Space Bonding will Bürger in die Stadtentwicklung einbinden

Kommunale Konzepte müssen nicht immer nur hinter verschlossenen Rathaustüren entwickelt werden. Das Projekt „Space Bonding“ will die Heidelberger anregen, sich mit eigenen Ideen an der Stadtentwicklung zu beteiligen – zunächst virtuell.

Kommunale Konzepte müssen nicht immer nur hinter verschlossenen Rathaustüren entwickelt werden. Das Projekt „Space Bonding“ will die Heidelberger anregen, sich mit eigenen Ideen an der Stadtentwicklung zu beteiligen – zunächst virtuell.

„Mit dem Stadtraum verhält es sich so ähnlich, wie wenn wir eine neue Wohnung individualisieren, dekorieren und gemütlich machen“, meint Manuel Steinbrenner, Architekt, Student und Gründer von Space Bonding. Der Stadtraum sei nicht festgelegt, sondern müsse sich den Bedürfnissen seiner BewohnerInnen anpassen. Aus diesem Grundgedanken entstand 2009 die Idee zum Projekt „Space Bonding”, was soviel bedeutet wie „Raum einnehmen, an sich binden“.

Im Rahmen des Heidelberger Herbstes 2009 hängten Steinbrenner, Mitgründer Steffen Becker und befreundete Kreative erstmals eine Karte auf, an der rote, grüne und gelbe Zettel für Negatives, Positives und Wünsche über das urbane Umfeld angebracht werden konnten. „Zuerst dachten wir, dass sich niemand dafür interessieren würde. Die Leute waren ja dort, um zu feiern und nicht, um eigene Ideen zu entwickeln. Hinterher waren wir überwältigt von dem großen Zuspruch. Die vielen Zettel haben den öffentlichen Raum in beeindruckender Weise widergespiegelt.“ 

Mittlerweile ist die Karte auf spacebonding.net als „open space map“ verfügbar. Jeder Besucher kann dort seine Zettel online befestigen. ?Die Karte biete die Möglichkeit zur eigenen Beteiligung sowie Information über das, was Menschen in ihrem urbanen Umfeld bewegt, sind Steinbrenner und Becker sich einig. „Durch die Sichtbarkeit von Wünschen an die eigene Stadt sollen Projektinitiativen entstehen. Wir sehen uns also als Motor, der es attraktiver werden lässt, die eigene Stadt selbst zu entwickeln.“ 

Inzwischen wird Space Bonding von einem zehnköpfigen Team aus Soziologen, Architekten, Medienkünstlern und Kommunikationsdesignern getragen, die momentan die Internetplattform zum sozialen Interaktionsmodell weiterentwickeln. „Unsere Plattform soll jedem die Möglichkeit geben, konkret mitzuarbeiten“, erklärt Steinbrenner. „Durch die Verbindung mit Facebook und Twitter sowie die Diskussion innerhalb unseres Forums sollen online Projekte in Gang geraten.“

Ein Problem der Stadtentwicklung liegt darin, dass eine kleine Gruppe von Gemeinderäten und Experten in festgefahrenen Planungsprozessen stecken, die sich oft nicht am kollektiven Bewusstsein orientieren. Während die Entscheider stadtplanerischer Prozesse Impulse von anderen Seiten meist als Entwicklungshemmer betrachten, sehen die Initiatoren von Space Bonding darin vielmehr die Chance, eine Stadt lebendiger und bedürfnisorientierter zu gestalten.

Das Team von Space Bonding ist auch offline aktiv. In verschiedenen Schülerprojekten versuchen sie bereits früh das Interesse am Stadtbild zu wecken. Schülern einer Mannheimer Realschule brachten sie ihre Idee nahe und vermittelten ihnen Grundkenntnisse in Fotografie. Die Schüler fertigten Fotostrecken zu Themen ihrer Stadt an und stellten sie bei der langen Nacht der Museen am 20. März in der Halle02 aus. „Wir waren beeindruckt von der Faszination und dem sozialem Verantwortungsgefühl der Schüler“, erzählt Steinbrenner. „Wir wurden erneut darin bestätigt, dass ein großes Grundinteresse besteht, sobald man die Chance erhält, etwas aktiv mit zu gestalten.“

Derzeit planen sie eine Ausstellung von Schülerarbeiten, die am 16. Mai im Technomuseum Mannheim zu sehen sein wird. Die Themen sind ein Szenario von Mannheim des Jahres 2050 und eine Retrospektive der Stadtentwicklung mit Interviews mit alten Menschen. Auch die Besucher sollen mit eingebunden werden und anhand der „open space map“ Lösungsansätze für Zukunftsfragen einbringen. „Space Bonding fördert die Ideen der Bevölkerung zu Tage. Wer uns besucht, kann aktiv partizipieren, die Schüler entwickeln Science-Fiction-Visionen. Wir wollen Mut machen zur Utopie“, erzählt Becker.

Steinbrenner und Becker wollen mit Space Bonding helfen, in Heidelberg mehr Raum für Subkultur entstehen zu lassen. „Heidelberg ist eine Stadt mit sehr festen Strukturen. Das kulturelle Angebot etwa entspringt überwiegend öffentlichen Stellen“, meint Becker. Durch die vielen Studierenden seien aber auch enorme kreative Rücklagen vorhanden. Zudem sei Heidelberg wegen seiner Größe durch die vielen Studierenden aus dem Ausland besonders interkulturell.

Es geht also um das persönliche Wohlbefinden in der eigenen Stadt und darum, wie wir leben wollen. Das Stadtbild hält Becker für eine der bedeutsamsten Schnittstellen des gesellschaftlichen Lebens. „Hier enden so viele Kabel, so viele Aspekte aus Politik, Soziologie, Architektur und Psychologie, die zu neuen Ideen zusammengefasst werden können.“

von Eva Ricarda Lautsch
   

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