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 StudiLeben
18.11.2010

Notquartier statt eigenem Zimmer

Studentenwerk stellt Schlafplätze für Studenten ohne Wohnung

Plätze in studentischen Wohnheimen sind kaum vorhanden. Wer auf Wohnungssuche ist, muss meist auf ebenfalls begrenzte, private Wohnungsangebote zurückgreifen. Das Studentenwerk schuf Abhilfe in Form von Notquartieren für den Übergang.

Plätze in studentischen Wohnheimen sind kaum vorhanden. Wer auf Wohnungssuche ist, muss meist auf ebenfalls begrenzte, private Wohnungsangebote zurückgreifen. Das Studentenwerk schuf Abhilfe in Form von Notquartieren für den Übergang.

Kahle Wände, Klappbett und den Koffer als Kleiderschrankersatz – so hatte sich Lorenzo Heredia Lopez sein Studentenzimmer in Heidelberg nicht vorgestellt. Von Gemütlichkeit kann bei den spartanisch eingerichteten Notquartieren des Studentenwerks keine Rede sein. Doch sie bieten, was Studenten für den Übergang brauchen: Ein Dach über dem Kopf mit Schlafplatz.

Einige Wochen nach Vorlesungsbeginn sind immer noch hunderte Studenten auf Wohnungssuche. Dass in Heidelberg akuter Wohnungsmangel herrscht, ist nicht neu. Gerade mal 13 Prozent der rund 33 000 Studenten finden in den Wohnheimen des Studentenwerks und anderer Träger einen Platz. Alle anderen müssen auf dem privaten Wohnmarkt fündig werden. Sie müssen sich entweder Vermietern oder potenziellen Mitbewohnern von ihrer besten Seite präsentieren. Gerade zu Beginn des Wintersemesters, wenn Abiturienten ihr Studium beginnen, hat dies viele „WG-Castings“ zur Folge. Die Konkurrenz ist groß. Mitunter melden sich rund hundert Studenten auf eine Zimmeranzeige.

Alles Jahre wieder: im Klappbett übernachten

Lorenzo hatte leider nicht das Glück, noch vor Vorlesungsbeginn eine Wohnung zu finden. „Ich habe viele Wohnungen angerufen und zahlreiche E-Mails geschrieben. Doch es ist sehr schwer, etwas zu finden“, berichtet der Politikstudent. Für den spanischen Erasmus-Studenten gestaltet sich die Zimmersuche aufgrund seiner geringen Deutschkenntnisse schwierig. Denn das Akademische Auslandsamt garantiert Gaststudenten keine Unterkunft in Studentenwohnheimen. Als vorübergehende Abhilfe kommen ihm die Notunterkünfte des Studentenwerks sehr gelegen. Auch wenn das bedeutet, für begrenzte Zeit einen Keller sein Zuhause nennen zu müssen.

Aufgrund der Wohnungsnot griff das Studentenwerk schon öfter zu besonderen Maßnahmen: Seit Jahren wandelt es zu Beginn der Wintersemester in den Wohnheimen des Neuenheimer Feldes Gemeinschaftsräume mit einfachen Klappbetten zu Notunterkünften um. Das bietet heimatlosen Studenten eine günstige Basis für ihre Wohnungssuche. Die erste Nacht kostet acht Euro, die folgenden jeweils vier. Hinzu kommt eine Kaution für den Schlüssel.

Ausreichende Ausstattung

Komfort können die Wohnungssuchenden für den günstigen Preis nicht erwarten. Neben bis zu fünf Klappbetten pro Raum, bieten die Notquartiere einen gemeinsamen Kühlschrank, Kochgelegenheiten, einen Tisch, abschließbare Spinde sowie eine Toilette mit Waschbecken. Zur morgendlichen Dusche gehört ein Umweg über das Sportinstitut. „Die Ausstattung ist ausreichend“, findet Jonas Grimmelsmann, der kurzfristig in einen der Kellerräume ziehen musste. Der angehende Grundschullehrer im ersten Semester hatte eigentlich schon ein Zimmer gefunden und sollte dort zum 15. Oktober einziehen. Eine Woche vorher erhielt er jedoch die Nachricht, dass seine Wohnung renoviert werden müsse und somit erst einen Monat später zur Verfügung stünde. „Ich stand quasi auf der Straße“, sagt er. Die Suche nach einem Zimmer zur Zwischenmiete blieb erfolglos. Seit mehreren Wochen bewohnt er nun den zweckentfremdeten Partyraum.

Mehr Glück hatten zwei seiner vorübergehenden Zimmergenossen, die zum 1. November fündig wurden. Frisch ausgezogen“ sei auch ein Medizinstudent, der bis Ende Oktober ein Zimmer zur Zwischenmiete fand. „Danach weiß er aber auch nicht weiter“, berichtet Grimmelsmann.

Der Bedarf an Notunterkünften ist groß. „Ich habe eindeutig das Gefühl, dass in diesem Jahr mehr Andrang ist“, sagt Karl-Heinz Schüssler, Hausmeister des Wohnheims und Ansprechperson für die Bewohner der Notunterkünfte. „Deshalb haben wir auch ein siebtes Zimmer eingerichtet.“ Zum laufenden Semester können somit 30 Studenten nach Geschlechtern getrennt einen Schlafplatz finden.

Niemand bleibt länger als nötig

Aufgrund der starken Fluktuation haben die Betten schon vielen Studenten nach einem anstrengenden Tag zwischen Vorlesung und Wohnungsbesichtigung als Ruhestätte gedient. „Im Durchschnitt bleiben sie ein bis zwei Wochen, teilweise auch nur ein oder zwei Nächte“, erzählt Schüssler. Maximal fünf Tage kann man im Voraus buchen. Wer Glück hat und früher fündig wird, erhält sein Geld zurück.

Dauert die Suche länger, kann man seinen Aufenthalt verlängern. Auf der Internetseite des Studentenwerks steht, dass die Notunterkünfte nur bis Mitte Oktober angeboten würden. Doch Schüssler beruhigt: „Wir werfen niemanden raus und verlängern bis die letzte Person eine Wohnung gefunden hat.“

Doch führt der unschlagbar günstige Preis dazu, dass manche länger in den Unterkünften wohnen bleiben, als sie müssten? Ganz im Gegenteil, meint Hausmeister Schüssler: „Die sind ständig unterwegs und suchen nach einer Wohnung“, berichtet er. „und sind jedes Mal froh, wenn sie aus dem Keller ausziehen dürfen.“

von Annika Kasties
   

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