18.01.2011
Anglisten müssen umstrukturieren
Mehr Angebot durch halbe Sachen
Weil die Hausarbeiten immer schlechter wurden, führte die Anglistik dieses Semester neue Übungen ein. Doch darunter leiden nun die studentischen Tutorien. Statt 90 dauern sie nun nur noch 45 Minuten. Dafür müssen die Tutoren mehr Zeit aufwenden, die jedoch nicht bezahlt wird.
Das Anglistische Seminar führte dieses Semester ein neues Begleittutorium „Fundamentals of Research and Writing“ zum jeweils ersten Proseminar ein. Darin lehren drei Dozenten das Recherchieren und Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten. Als Folge der Einführung wurden die von Studenten unterrichteten Begleittutorien zu den Einführungsveranstaltungen der Literatur- und der Sprachwissenschaft von 90 auf 45 Minuten verkürzt.
Grund für die Entscheidung der Institutsleitung waren die ihrer Ansicht nach unzureichenden Fähigkeiten der Studenten beim Verfassen von Hausarbeiten, obwohl dies in den Begleittutorien vermittelt werden sollte. Die Halbierung des zeitlichen Umfangs der Tutorien war eine Anpassung an die Halbierung der zu erwerbenden Credit
Points. „Da es sich bei dem neuen Tutorium um einen Pflichtkurs handelt, und da in den modularen Studiengängen die Gesamtzahl der Leistungspunkte feststeht, musste an anderer Stelle gekürzt werden“, erklärt die Geschäftsführung.
Ein weiterer Grund dafür war, dass auch Studierende, die wenig geeignet für das Studium der Anglistik sind, mit Hilfe der Tutorien durch die Klausuren gebracht werden und erst später ihre mangelnde Eignung feststellen. Viele Dozenten kritisieren, dass Studierende sich zu sehr auf die Tutorien stützen, anstatt sich Wissen selbstständig zu erarbeiten. Dozenten und Studiengebührenkommission des Instituts betonten einvernehmlich, dass die Entscheidung nichts mit der Geschwisterregelung zu tun habe. Deren Inkrafttreten führte dazu, dass viele Studenten keine Studiengebühren mehr zahlen mussten.
Diese Verlagerung hat erhebliche Auswirkungen. So fällt beispielsweise die Hälfte des früheren Gehalts der Tutoren weg. Die elf bezahlten Stunden der Tutoren schrumpften auf fünf bis sechs. Davon ist nun lediglich eine Stunde für die Vor- und Nachbereitung eingeplant. Die Tutoren benötigen jedoch mehr Zeit, da sie nun die zu vermittelnden Informationen komprimieren müssen.
Desweiteren beantworten die Tutoren Fragen über das Tutoriumsende hinaus oder per E-Mail, da die Studenten sich oft nicht trauen, den straffen Zeitplan des Tutoriums mit Fragen zu stören. Alle Tutoren wussten jedoch von diesen Kürzungen, bevor sie den Arbeitsvertrag unterschrieben.
Für die Tutorien bedeutet die Verkürzung mehr Frontalunterricht. Für vertiefende Übungen bleibt keine Zeit mehr. Es werden zwar alle wichtigen und klausurrelevanten Inhalte besprochen und Fragen beantwortet, jedoch entfällt dafür alles, was darüber hinausgeht: Auf Referate und Gruppenarbeiten müssen die Tutoren nun verzichten.
Für die Anglisten bedeutet die Verkürzung, dass sie sich verstärkt auf die Tutorien vorbereiten und sich Inhalte selbst aneignen müssen. Trotz dieser Probleme waren die Ergebnisse der Zwischenklausur im laufenden Wintersemester ein wenig besser als im Sommersemester zuvor.
von Reinhard Lask und Michela Reisdorf