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 Wissenschaft
27.06.2011

Ehemalige NS-Ordensburg wird Mahnmal

Heidelberger Historiker konzipieren Dauerausstellung über Elite-Ausbildung der Nazis

NS-Ordensburg "Vogelsang"

Bergfried der ehemaligen "Ordensburg-Vogelsang". Foto: Triffiado / Wikimedia Commons.

Die Nationalsozialisten bauten für ihre zukünftige Führungselite drei große Schulungseinrichtungen im Deutschen Reich. Eine davon ist die „Ordensburg Vogelsang“ in der Eifel. Der Heidelberger Lehrstuhl für Zeitgeschichte soll bis 2014 ein Dokumentationszentrum über diese NS-Einrichtung erstellen.

Die Nationalsozialisten bauten für ihre zukünftige Führungselite drei große Schulungseinrichtungen im Deutschen Reich. Eine davon ist die „Ordensburg Vogelsang“ in der Eifel. Der Heidelberger Lehrstuhl für Zeitgeschichte soll bis 2014 ein Dokumentationszentrum über diese NS-Einrichtung erstellen.

Sie sollten maßgeblich der Schulung neuer, junger NS-Parteifunktionäre dienen – die sogenannten „Ordensburgen“ der Nationalsozialisten. Die Nationalsozialisten gaben 1933 den Bau solcher Schulungseinrichtungen für die zukünftige Führungselite der NSDAP in Auftrag. Robert Ley, Reichsleiter NSDAP, ließ die „NS-Ordensburgen“ in Krössinsee (Pommern), Sonthofen (Allgäu) und in Vogelsang (Eifel) bauen.

Eine vierte geplante „Ordensburg“ auf dem Gelände der Marienburg (bei Danzig) wurde nicht mehr umgesetzt. Der Arbeitsbereich „Public History“ des Lehrstuhls für Zeitgeschichte der Universität Heidelberg erhielt nach einem EU-weiten Auswahlverfahren im März den Auftrag zur Errichtung einer Dauerausstellung über die NS-Zeit in der Erinnerungsstätte Vogelsang. Am 9. Mai wurde das Heidelberger Team der Presse offiziell vorgestellt.

Neben den Schulungsgebäuden beherbergte der circa 100 Hektar große Komplex in Vogelsang unter anderem Sportanlagen, Kunstplastiken und eine Thing-Stätte. Alles diente dem Zweck, dem „Führernachwuchs“ die perfide NS-Ideologie zu vermitteln. Außerdem sollten die jungen Männer zu „Ordensjunkern“ ausgebildet werden, welche später, in manchen Fällen, im Zweiten Weltkrieg an der planmäßigen Ermordung der jüdischen Bevölkerung beteiligt waren.

Mit Beginn des Krieges mussten die Auszubildenden den Kriegsdienst antreten und die Wehrmacht nutzte die Anlage zweimal als Truppenquartier. Bis zur Besetzung durch die US-Armee 1945 diente die Ordensburg der Unterbringung von Klassen sogenannter „Adolf-Hitler-Schulen“. Nach dem Krieg nutzte zunächst das britische Militär das Gelände als Truppenübungsplatz. In gleicher Funktion wurde es 1950 an das belgische Militär übergeben, welches noch bis Ende 2005 militärische Übungen dort ausführte.

Seit Januar 2006 ist die denkmalgeschützte Anlage für die Öffentlichkeit zugänglich und wird von der „vogelsang ip gemeinnützige GmbH“ verwaltet. Diese will bis 2014 ein neues „Forum Vogelsang“ errichten, welches über die Ziele und Wirkungen nationalsozialistischer Erziehung und Beeinflussung aufklären soll. Ein Bestandteil des Forums soll ein Besucherzentrum mit einer Dokumentation zur NS-Geschichte sein. Die inhaltliche Gestaltung dieser Dauerausstellung übernimmt der Arbeitsbereich „Public History“ der Universität Heidelberg.

Für den Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte, Edgar Wolfrum, steht zum einen die Gestaltung des Gebäudekomplexes einschließlich seiner Umwelt im Vordergrund. Des Weiteren soll den Biografien ein wichtiger Platz eingeräumt werden: Wer von den Auszubildenden fiel an der Ostfront? Wer konnte nach dem Krieg erneut „Karriere“ machen? Besonders am Beispiel Vogelsang könne dargestellt werden, wie die Nationalsozialisten versuchten, „eine faschistische Kultur und Gesellschaft zu schaffen sowie den Menschen nach der nationalsozialistischen Ideologie zu formen“, so Wolfrum.

Eine große Herausforderung wird das zukünftige Publikum der Ausstellung darstellen. Vor allem Wanderer und Fahrradfahrer, die in der Eifel eher auf Erholung aus sind, werden sich im Naturpark aufhalten – eine andere Zielgruppe sie in Museen sonst üblich ist. Diesen Besuchern gilt es hauptsächlich vor Augen zu führen, wie die Nationalsozialisten Natur und Architektur inszenieren wollten, um einen „neuen Menschen zu schöpfen“.
Sein Team setzt sich aus sechs Wissenschaftlern zusammen, darunter sind Professor Frank Engehausen und Privatdozent Cord Arendes sowie Studierende und Doktoranden des Historischen Seminars. Unterstützt werden sie von zwei Ausstellungsagenturen aus Berlin und Hamburg.

Das Projekt wird mit drei Millionen Euro von der Europäischen Union, dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Für die Wahl Heidelbergs sprach, laut des Aufsichtsratsvorsitzenden der „vogelsang ip“, Manfred Poth, „die wissenschaftliche Expertise im Hinblick auf die Vor- und Nachgeschichte europäischer Diktaturen des 20. Jahrhunderts“. Die Ausstellung wird somit in einen internationalen Zusammenhang eingebunden.

2014 soll das Besucherzentrum zusammen mit weiteren Ausstellungen über den Nationalpark Eifel sowie einer modernen Jugendherberge eröffnet werden.

von Michael Graupner
   

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