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 StudiLeben
16.12.2012

Müssen wir immer früher und schneller studieren? Nein.

Zwei Redakteure über Vor- und Nachteile des schnellen Studiums

Corinna Lenz. / Foto: Annika Kasties

Bologna-Reform, Ende der Wehrpflicht und G8-Umstellung. Das Durchschnittsalter der Hochschulabsolventen sinkt. Zugleich steigt der Druck das Studium effizient und schnell abzuschließen. Doch ist es erstrebenswert, sich so früh wie möglich von der Universität zu verabschieden?

NEIN

Corinna Lenz leitet das Ressort „Studentisches Leben“ und hat bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen.

„Und wann wirst du dann fertig?“ Eine Frage, die jeden Smalltalk mit Unbekannten, jede Wiedersehensfreude mit Verwandten zerstört. Die Frage sollte eher lauten: „Wann bist du reif für den Arbeitsmarkt?“

Eltern, Medien, Altersgenossen, alle reden sie uns ein: Wir müssen fertig werden. Bald! Sonst ist es zu spät für den Arbeitsmarkt und wir finden im Glücksfall vielleicht noch einen Platz als Taxifahrer. Aber gibt es wirklich ein Verfallsdatum für den Jobbewerber? Achten Arbeitgeber nicht eher auf die persönliche Reife, auf die Erfahrungen, die man im Studium, im Alltag, im Ausland, bei Praktika und Nebenjobs sammelt?

Das Studium ist keine Berufsausbildung. Es ist die Gelegenheit, sich auszutesten. Die Frage ist nicht, ob wir den Stoff in der Regelstudienzeit bewältigen. Die Frage ist, was wir während des Studiums noch so machen. Ob wir ins Ausland gehen. Ob wir berufliche Praxis für den späteren Job sammeln oder einfach mal ausprobieren, was die richtige Berufswahl für uns wäre. Ob wir uns in Hochschulgruppen engagieren. Ob wir nützliche Kontakte für die Zukunft knüpfen. Ob wir unsere sozialen Kompetenzen erweitern; sei es durch WG-Partys, sei es durch lange Gespräche in der Mensa, oder sei es durch Auseinandersetzungen mit Kommilitonen, welches Thema für das Pro/Contra nun in der kommenden Ausgabe der Studentenzeitung erscheinen wird. Es geht nicht darum, jeden Kurs auf Anhieb zu bestehen. Es geht nicht darum, schneller als die Kommilitonen das Studium durchzuziehen. Es geht eher darum, ab und zu mal innezuhalten und sich selbst zu fragen: Will ich das immer noch?

Was den Arbeitgebern wichtiger als eine geringe Semesterzahl ist, ist eben persönliche Reife. Wer ist der attraktivere Bewerber? Ein wankelmütiger 23-Jähriger oder ein überzeugter 28-Jähriger? Darüber hinaus drängt sich die Frage auf: Weiß ein 19-Jähriger schon, womit er sein Brot verdienen will? Oder anders gefragt: Wer verfolgt mit 25 noch die gleichen beruflichen Pläne wie mit 19? 

Sicher, die ausländischen Studenten sind viel jünger. Aber was haben sie davon? Die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien zwingt beispielsweise 24-jährige Hochschulabsolventen, an den ersten Master noch einen weiteren dranzuhängen; um Zeit zu überbrücken, nicht um Zeit zu gewinnen, wie es in Deutschland der Fall ist.

Und warum brauchen wir diese Zeit? Weil unserer Generation die Möglichkeiten scheinbar offen stehen: Von der Backpacker-Reise durch Australien,  einer Berufsausbildung beim Finanzamt, einem Studium der Kunstgeschichte, bishin zu einem Auftritt bei „Deutschland sucht den Superstar“ bietet sich eine Vielzahl an Möglichkeiten, die uns eine Entscheidung erschwert. Erst recht nicht, wenn wir nicht wissen, was wir selbst vom Leben erwarten, sondern nur, was andere von uns erwarten.

Die Freiheit im Studium steht uns im Arbeitsleben nicht mehr zur Verfügung. Einfach mal bis mittags zu schlafen, für eine Woche im Semester nach Spanien zu fliegen, ein Seminar zu schwänzen, in den Semesterferien mit Interrail-Ticket Europa zu erkunden; all dies können wir uns im Arbeitsleben nicht mehr erlauben. Und darum verhält es sich mit den jungen Absolventen so wie mit den Jungverheirateten: Sie haben sich die „Hörner noch nicht abgestoßen“.

   

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