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 Klecks und Klang
18.12.2012

Sinkane - Mars

4 von 4 rupis: "funky Hitze"

Das Cover zeigt Ahmed Gallab in Badehose am Strand, dahinter: tĂĽrkisfarbenes Meer. Ă„uĂźerlich ist "Mars" vor allem eins: heiĂź. Musikalisch zeigt Gallab jedoch, wie funky Hitze sein kann. Mit deutlichen Anlehnungen an den 80er-Disco-Sound liefert er sein drittes Sinkane-Album ab.

Flirrende Hitze, Synthesizer, Wah-Wah-Effekte auf der Gitarre. Das alles gibt bei „Runnin'“ stellvertretend für das restliche Album den Ton an. Gerade einmal zweieinhalb Minuten dauert der im positiven Sinne hektische Opener, Gallab singt dazu passend in hoher Stimmlage. Das Lied wäre ein Sommerhit geworden, wäre es im deutschen Radio gelaufen.

Das psychedelische „Jeeper Creeper“ ist entspannter und zugleich der beste Song. Man mag Einflüsse von Caribou und Yeasayer heraushören, deren Bassisten Sinkane für dieses Lied angeheuert hat und mit denen er selbst schon gespielt hat. Muss man aber nicht, dafür steht die Musik zu sehr auf eigenen Beinen. Die acht Lieder auf „Mars“ prägt zwar durchaus eine „The English Riviera“-Ästhetik – wie man Coolness in minimalistische, ja plastische Popmusik presst, haben Metronomy letztes Jahr schon bewiesen –, Sinkanes Musik ist im Kern jedoch Weltmusik.

Gallabs sudanesische Herkunft scheint mal mehr, mal weniger durch. „Lady C'mon“ sowie „Love Sick“ sind Vocoder-geschwängerter Afrika-Chillout, während der Titeltrack stark nach Santanas „Singing Winds, Crying Beasts“ klingt, bis hin zur Perkussion.

„Makin' Time“ andererseits ist fast schon unverschämt nah an Saturday Night Fever – soll man sich jetzt John Travolta am Strand vorstellen? Spätestens, wenn Gallab anfängt, „I go cruising“ zu singen, fällt es einem dann wie Schuppen von den Ohren: „Mars“ ist ein Album, das man im Cabrio hören soll, während man die kalifornische Küste entlang fährt!

So plakativ sommerlich „Mars“ zunächst anmutet, so braucht es doch einige Hördurchgänge, um solche Ungereimtheiten zu verstehen. Ungerade Takte wechseln sich mit Disco-Beats ab, während ein cooles Gitarrensolo die tropische Hitze durchzieht. Sowohl die stilistische wie auch die geografische Unentschlossenheit lassen sich aber dadurch erklären, dass Gallab sich als Weltmusiker versteht.

„Caparundi“, der letzte und längste Song, legt dann nochmal eins drauf. Langsamer, fast schon, als würde die Hitze jegliche Anstrengung zunichte machen, singt Roberto Lange von Helado Negro auf spanisch von Erinnerungen und Illusionen (Fata Morganas?). Nach zwei Minuten setzt das Schlagzeug aus, nur noch Streicher und akustische Gitarre unterstützen den Sänger. An diesem Punkt versteht man dann auch, warum das Label auf soundcloud „WORLD PEACE“ als Genrebezeichnung für das Album angibt. Mit Saxophonen und den eigentlich für latein-amerikanische Musik typischen Güiro-Ratschen wird der entspannte Hörer dann wieder in den grauen Alltag entlassen. Wahrscheinlicher aber ist, dass der einfach nochmal auf Play drückt und sich wieder an Sinkanes musikalische Strände flüchtet.

von Philipp Fischer
   

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