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 Feuilleton
26.07.2012

Die gescheiterte Revolution

Einst als Buch der Zukunft gesehen, verkauft sich das E-Book kaum

Bisher hat das eBook das gedruckte Buch nicht verdrÀngt. / Foto: Michael Abschlag

In den Neunzigern galt das eBook als das Buch des digitalen Zeitalters. TatsÀchlich bieten fast alle BuchhÀndler inzwischen E-Books an. Doch das gedruckte Buch hat es bisher noch nicht ersetzt. Mehr als ein Jahrzehnt nach seiner Erfindung fristet es ein Dasein als Nischenprodukt.

Man sieht es nicht, doch die Menschen lesen es, in Bussen und Bahnen, in CafĂ©s, geschĂŒtzt hinter einem anonymen GehĂ€use, das nichts darĂŒber verrĂ€t, was man da liest. „Fifty Shades of Gray“ hat fĂŒr ein gewisses Aufsehen gesorgt, ein erotischer Roman, von der Kritik kaum nach Erscheinen verrissen. Und doch hat es einem in der öffentlichen Debatte fast in Vergessenheit geratenen PhĂ€nomen zu neuer Aufmerksamkeit verholfen: Vor wenigen Tagen knackte es als erstes E-Book die Marke von einer Million verkaufter Exemplare.

Ende der 80er Jahre tauchte das E-Book in der Buchszene auf. Es schien ein konsequenter Schritt auf dem Weg zur digitalen Informationsgesellschaft zu sein, der etwa zeitgleich mit dem Siegeszug des Internets begann.

Seinen Erfolg begrĂŒndende revolutionĂ€re Bedeutung lag schließlich darin, Inhalte fĂŒr jeden zugĂ€nglich zu machen, der einen Internetanschluss hat, unabhĂ€ngig von sozialen und geografischen Grenzen. Auch das E-Book schien diese Bedingungen zumindest teilweise zu erfĂŒllen. Schließlich verhieß es, ĂŒberall auf eine große Anzahl an BĂŒchern zugreifen zu können.

An sich ist es die rein digitale Version eines Buches. Alles, was man zum Lesen braucht, ist ein Computer, Smartphone oder Tablet, anfangs noch eine CD, auf der die Inhalte gespeichert waren. Heute denkt man bei dem Namen vor allem an die speziell entwickelten LesegerÀte, die E-Book-Reader. Der Traum von der Bibliothek in der Hosentasche schien verwirklicht.

Der E-Book-Hype

Dementsprechend kam es in den 90ern zu einem regelrechten Hype um das E-Book. In den Medien erhielt es viel Aufmerksamkeit. Die Druckindustrie hingegen blieb gelassen. Das E-Book sei keine Gefahr fĂŒr das gedruckte Buch als KulturtrĂ€ger, hieß es. Und sie sollte Recht behalten.

TatsĂ€chlich hat sich das E-Book nicht durchgesetzt. Abgesehen davon, dass der haptische Reiz eines „wirklichen“ Buches fehlt, hat das E-Book auch mit dem Problem zu kĂ€mpfen, dass es hĂ€ufig schwieriger zu lesen ist. Oft erscheint die Schrift auf den LesegerĂ€ten nicht vor einem weißen, sondern leicht grĂ€ulichen Hintergrund. Auch das Textfeld ist kleiner als bei herkömmlichen BĂŒchern. Außerdem fehlt noch ein einheitlicher Standard fĂŒr die Dateien und es gibt InkompatibilitĂ€ten zwischen Inhalten und LesegerĂ€ten.

Zudem haben Verleger nicht fĂŒr alle BĂŒcher, die sie herausbringen, auch die E-Book-Rechte. Abschreckend dĂŒrfte auch der Preis sein, den man bereits fĂŒr das LesegerĂ€t als Grundanschaffung zahlen muss. Selbst die gĂŒnstigsten GerĂ€te gibt es erst ab 37 Euro. Bessere Modelle kosten nicht selten 100 Euro oder mehr.

Zielgruppe: 55+

All das fĂŒhrt dazu, dass sich E-Booke bei weitem nicht so gut verkauft, wie anfangs erwartet. Zwar stieg die Zahl der verkauften Inhalte zwischenzeitlich exponentiell an – allein von 2010 auf 2011 waren es mehr als 70 Prozent –, aber sie machen noch immer gerade mal ein Prozent des Gesamtumsatzes im Buchhandel aus.

Die meisten der verkauften Texte sind wissenschaftliche Inhalte. Auch Bibliotheken wie die UB Heidelberg gehören zu den Nutzern. Die meisten Buchhandlungen haben inzwischen E-Books im Angebot und werben auch dafĂŒr. So erklĂ€rt die Buchhandlung Lehmanns, sie beliefere auch Bibliotheken und habe dafĂŒr spezielles Personal. Der private Verkauf dagegen halte sich in Grenzen. Das betrĂ€fe vor allem bei Romanen – darĂŒber kann auch der neueste Erfolg nicht hinwegtĂ€uschen.

E-Book-Leser sind nach wie vor ein seltener Anblick. „Wenige Kunden sind bereit, vom gedruckten auf das digitale Buch umzusteigen“, erklĂ€rt die Buchhandlung Schmitt am Heidelberger Hauptbahnhof. Die meisten Kunden sind 55 Jahre und Ă€lter - in erster Linie Senioren und Lehrer. Ausgerechnet die junge Generation lehnt die digitale Buchvariante ab.

Letztlich war es nicht das E-Book, das den Buchmarkt revolutioniert hat, sondern Online-Shops wie Amazon. Sie bescherten dem von manchem schon totgesagten gedruckten Buch nie gekannte Auflagen. Das E-Book jedoch bleibt selbst im digitalen Zeitalter ein Nischenprodukt.

von Michael Abschlag
   

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