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 Leserbriefe
05.02.2013

"Was sind das für Ideale?"

Leserbrief zu "Die Qual der Wahl" in Ausgabe 142

„Ein Abi-Schnitt von 1,0. Stell dir das vor. Und sie will Kulturwissenschaften studieren. K-U-L-T-U-R-W-I-S-S-E-N-S-C-H-A-F-T-E-N. Sie kann doch gleich Taxifahrerin werden. Was will sie denn später damit anfangen? Da stehen ihr mit diesem Abitur alle Wege offen und wofür entscheidet sie sich? Nein, nicht für Medizin - Kulturwissenschaften.“

Vorsichtig wende ich ein: „Wenn es aber das ist, was ihr Spaß macht?“ „Spaß? Sie wird noch früh genug sehen, wohin das führen wird.“ So wettert eine Freundin über die Zukunftspläne ihrer Schwester.

Das höre ich immer wieder. Auch im Internet gibt es hunderte Foren, in denen diskutiert wird, welche Jobs die besten Berufschancen, das meiste Geld, die höchsten Positionen bieten. Die Job-Ampel des Stern verrät Unschlüssigen, mit welchem Studium sie am erfolgreichsten sein werden. Für viele Menschen bedeutet Wohlstand alles und sie setzen viel Geld mit Spaß im Leben gleich.

Genau hier liegt das Problem. Was passiert, wenn ein Schüler zuallererst überlegt, mit welchem Studium er die besten Berufschancen hat? Vielleicht kommt noch der Druck der Eltern hinzu, die um ihre Altersvorsorge bangen. Für sie steht fest: Aus dem Kind hat etwas Vernünftiges zu werden! Daran hängt sowohl ihre, als auch die Zukunft des Kindes. Dem Schüler ist das Dilemma bewusst. Er will viele Komponenten unter einen Hut bekommen. Er muss viel Geld verdienen - sehr wichtig. Er möchte vielleicht später eine Familie ernähren können. Er möchte sich und seine Eltern sozial absichern können. Und zu guter Letzt, wäre ein bisschen Spaß auch nicht schlecht. Wenn dies alles nicht vereinbar ist, verzichtet man eben auf den Spaß. Schließlich gibt es auch noch Hobbys, die neben dem Beruf ausgeübt werden können - theoretisch.

Wie soll sich der Schüler nun richtig entscheiden, wenn er weiß, wie viel von dieser Entscheidung abhängt? Die gesamte Zukunft. Ihr schreibt im ruprecht, dass die Orientierungslosigkeit nach dem Abitur verantwortlich ist für die hohen Abbruchquoten. Ich glaube vielmehr, dass es an dem großen Druck liegt, der auf den Schülern lastet. Sie versuchen krampfhaft die richtige Entscheidung zu treffen. Später merken sie, dass diese Entscheidung nicht die richtige gewesen ist. Aber was ist so schlimm daran?

Überall, in der Schule, von Eltern, Politikern, vielleicht sogar von Freunden wird einem eingeredet, dass die Studienwahl etwas Endgültiges ist. Nur wenn ein Schüler oder ein Student fleißig ist, alles gibt, wird er in den Genuss kommen, einen sinnvollen Teil zur Gesellschaft beizusteuern. Wenn du gut bist, wirst du Mediziner. Oder Ingenieur. Etwas Sinnvolles eben. Wozu braucht die Gesellschaft heutzutage noch Philosophen, Germanisten.

Was sind das für Ideale? Was ist das für eine Gesellschaft, in der die jungen Menschen ihr Studium nur nach späterem Erfolg und Wohlhaben wählen? In der Studienabbrecher als orientierungslos verurteilt werden? Kulturwissenschaftsstudenten als zukünftige Taxifahrer?

Studienabbrecher studieren länger. Sie sind eine Last für die Gesellschaft. Alles muss möglichst zeitsparend geschehen... Und wozu? Meistens bekommt man die knappe Antwort: „Für die Zukunft“ Aber was wird das für eine Zukunft sein, die wir mit etwas verbringen, das wir nicht aus Wissbegierde oder Interesse gewählt haben, sondern um der Zukunft Willen? Werden wir später erkennen, dass wir uns die ganze Zeit für die Zukunft kaputtgearbeitet haben und dabei die Zukunft verpasst haben?

Auch das „Semester Generale“ vor dem Studium wird nichts an der Situation der Schüler ändern. Es wird nicht den Druck von ihnen nehmen, sondern ihn vielmehr verstärken. Nach diesem Jahr, müssen sie wissen, was das Richtige für sie ist. Und wenn nicht? Das „Studium Generale“ soll den jungen Menschen helfen, den richtigen Weg zu gehen. Aber worum es eigentlich wieder geht, ist, Zeit zu sparen, vergeudetes, „orientierungsloses Studieren“ zu vermeiden. Den „Schandfleck“, die hohen Abbruchquoten, aus den Statistiken der Universitäten zu tilgen.

von Marie Kaiser
   

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