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 Hochschule
12.05.2013

Jede Stimme wird gehört

Eine fiktive StuRa-Sitzung

Grafik: AG VS.

Der große Hörsaal ist reserviert, wenn der Studierendenrat tagt. Fachschaften und politische Listenvertreter tragen ihre Anträge vor. Jeder Kompromiss wird feurig debattiert.  

Die Gemüter sind erhitzt, als die Vertreter der Fachschaften und der politischen Listen den Versammlungsraum betreten. Sie bilden zusammen mit allen Studenten der Universität Heidelberg den Studierendenrat (StuRa). Der StuRa will sich auf der heutigen monatlichen Versammlung unter anderem eine Meinung dazu bilden, ob für die Mehrkosten für Ökostrom eine Professur in der medizinischen Fakultät gestrichen werden soll.

Nachdem die politischen Listenplätze und die Fachschaftsvertreter im Herbst gewählt wurden, trifft sich der StuRa heute zum dritten Mal. Angesichts des Erfolgs anderer deutscher Studentenvertretungen hat der Heidelberger StuRa noch viele Ziele und Träume. Eine gewisse Routine hat sich dennoch schon eingespielt: Die junge Studentenvertretung hat ihre zwei Vorsitzenden und die (autonomen) Referate gewählt.

Zwei Mitglieder der Grünen Hochschulgruppe sind von den Studenten auf einen Listenplatz für politische Hochschulgruppen gewählt worden. Sie nennen jetzt auf der StuRa-Versammlung ihre Argumente für die Einführung von Ökostrom. Die Diskussion mit der Fachschaft Medizin beginnt. Denn diese will natürlich die finanziellen Mittel für ihre Professur behalten.

Im StuRa haben die Fachschaftsvertreter ein direktes Mitspracherecht, um die Belange der Studenten auf Fachebene zu vertreten. „Die Fachschaftsvertreter im StuRa sind das Sprachrohr für unsere Lehre“, erklärt Tom, der im vierten Semester Jura studiert. Er überlegt, sich im nächsten Jahr für einen politischen Listenplatz zur Wahl zu stellen. Jeweils gleich viele Vertreter (maximal 70) von Fachschaften und politischen Listen sind zur Abstimmung eingeladen. Die Diskussion um den Ökostrom scheint derweil stecken geblieben zu sein: Weder Fachschafts- noch die politischen Listenvertreter wollen von ihrer Meinung abrücken. Es beginnt die lange Suche nach einem Kompromiss. Dazu kommt, dass auch alle anderen Studenten, die einfach so zur Versammlung gekommen sind, ein Rede- und Antragsrecht haben. Keine Stimme wird überhört.

Der große Hörsaal 13, in dem sonst trockene Theorien abgehandelt werden, ist zum Ort feuriger Debatten geworden. Manche Fachschafts- oder Listenvertreter diskutieren eifrig, andere enthalten sich ihrer Stimme. Einige Studenten wünschen sich in dieser Situation einen Vorstand mit mehr Befugnissen, der nicht nur auf Grund von StuRa-Beschlüssen handeln kann.

Doch wenn der Kompromiss gelingt, freuen sich alle über eine Lösung auf breiter Meinungsbasis, an der Fachschaften, Studenten und politische Gruppen mitgewirkt haben. „Wenn es aber mehr Enthaltungen als Ja- und Nein-Stimmen gibt, wird der Antrag abgelehnt“, befürchten einige Studenten mit Recht.

Lena schaut sich bei den Disputanten um: Da die medizinische Fakultät mehr als acht Prozent aller Studenten umfasst, wird sie durch drei Fachschaftsmitglieder vertreten. Je nach der Anzahl der Studenten, die eine Fachschaft vertritt, erhalten kleinere Fachschaften weniger Plätze im StuRa. Die Fachschaft Germanistik vertritt sechs bis sieben Prozent der Studenten, und besetzt nur zwei Klappstühle im Hörsaal, stellt Lena fest. Die Staffelung leuchtet ihr ein.„Aber wie kommt es, dass ein Lateinstudent die Fachschaft Alte Geschichte vertritt?“, wundert sich die Mathestudentin auf der Versammlung des StuRa. Ganz einfach: Manche Fachschaften sind eine Kooperation mit einer anderen Fachschaft eingegangen, um gemeinsam eine Stimme eine Stimme im StuRa zu haben.

Dann ist Jan an der Reihe. Der Psychologiestudent, 23 Jahre, fünftes Semester, ist weder Mitglied einer Fachschaft, noch hat er sich als Kandidat für einen Politischen Listenplatz aufstellen lassen. Für Fachschaftstreffen hatte er nie Zeit und die Wahl für einen politischen Listenplatz verpasste er. Trotzdem nutzt Jan nun als Student sein Recht, einen Antrag bei der Versammlung des StuRa zu stellen. Jan präsentiert den Vorschlag, seine Lieblingsband auf dem Festival „Contre le racisme“ auftreten zu lassen. Auf die Idee war seine Clique beim Grillen auf der Neckarwiese gekommen. Jan kann für sein Projekt finanzielle Mittel beim StuRa beantragen.

Manch einer mag sich über den nächsten Redner ärgern, der vorschlägt, ein Webturnier im Marstall zu organisieren, bei dem jedem der 128 Teilnehmer ein Webstuhl gestellt wird. Doch der Unmut ist schnell wieder verflogen, weil gerade dieser Vorschlag klar gemacht hat, dass jeder Student gehört wurde. Als die Versammlung kurz nach Mitternacht beendet ist, lassen die Studenten den späten Abend in entspannter Runde ausklingen.

von Johanna Mitzschke
   

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